Istanbul – Türkische Kaufkraft voraus

Der neueröffnete Marmara Park ist nicht nur Istanbuls jüngstes Shoppingcenter, sondern auch ein Gradmesser für die Zukunft des türkischen Handelsimmomarktes
Istanbul – Im europäischen Stadtteil Beylikdüzü-Esenyurt liegt das neue Einkaufszentrum Marmara Park. Zur Eröffnung vor wenigen Wochen waren die rund 250 Geschäfte, Restaurants, Cafés sowie das Multiplex-Kino bereits zu 100 Prozent vermietet. Damit ist das in Fachkreisen lange Zeit gehypte Handelsimmobilienprojekt, das auf sämtlichen Mapics, Mipims und Expo Reals der letzten Jahre als Aushängeschild zeitgenössischer europäischer Retail-Architektur beworben wurde, nun endlich Realität.
Doch noch mehr als ein weiteres Shoppingcenter in der Bosporus-Metropole ist der Marmara Park vor allem ein Indiz dafür, wie sich der türkische Handelsimmobilienmarkt, Hoffnungsträger vieler internationaler Investoren und Developer, in den nächsten Jahren weiterhin entfalten könnte.
Entwickelt wurde das futuristisch anmutende Shoppingcenter von der deutschen ECE Projektmanagement GmbH & Co. KG, die es nun auch betreibt. Als Investor des 220-Millionen-Euro-Projekts ist ein geschlossener Immobilienfonds der zur Deutsche Bank Gruppe gehörenden DWS mit 50 Prozent beteiligt. Die andere Hälfte verbleibt im Besitz der Hamburger ECE beziehungsweise der Familie Otto. Finanziert hingegen wurde das Objekt aus der Türkei. Die dort beheimatete Finansbank stellte einen Kredit von 115 Millionen Euro zur Verfügung.
Nicht ohne kulturelles Drumherum
Zwar gibt es in Istanbul mittlerweile mehr als hundert Einkaufszentren, doch dafür sind auch die Dimensionen andere als in westeuropäischen Städten. Offiziell leben in Istanbul beidseits der Meerenge 13,3 Millionen Einwohner. Tatsächlich sind es wohl bis zu 20 Millionen. Eine große Rolle, um den Markt zu verstehen, spielt jedoch die türkische Handelskultur, die über die Tradition der alten Basare weit hinausgeht. Die Geschäfte sind heute meist durchgehend bis 22 Uhr geöffnet, häufig auch nachts sowie an Wochenenden und Feiertagen. Auch auf der Straße ist das Kaufen und Verkaufen omnipräsent. Mit einem Wort: Istanbul ist der Prototyp einer modernen Handelsmetropole.
Größter Unterschied: Für türkische Shoppingcenter gelten andere Regeln als in westeuropäischen Ländern: Einkaufen ohne kulturelles Drumherum geht nicht. Ein EKZ muss nicht nur eine umfangreiche Gastronomie-Auswahl aufweisen, sondern auch diverse Angebote zur Freizeitgestaltung wie etwa Kino oder Bowling-Center. Die Vielfalt des Angebots und damit auch die Größe des Shoppingcenters sind das wichtige Kriterium, um gegenüber der Konkurrenz bestehen zu können.
Keine räumliche Begrenzung
“Der beste Schutz gegen Konkurrenz ist das beste Shoppingcenter”, sagt Andreas Hohlmann, Geschäftsführer von ECE Türkiye. Der Satz ist gar nicht so sehr als Marketingspruch, sondern durchaus als Strategie gemeint. Im Gegensatz zu den meisten anderen Standorten gibt es in Istanbul bei der Flächenplanung nämlich keine räumliche Begrenzung für Verkaufsflächen, sodass in direkter Nähe eines EKZ schon bald das nächste eröffnen kann.
Diese harte Schule hat die ECE bereits hinter sich. Denn während der internationale EKZ-Spezialist mit der Bahnhof-City Wien West sowie Objekten in Innsbruck, Klagenfurt und Linz in Österreich derzeit vier Handelszentren managt, sind es in der Türkei mittlerweile schon elf.
“Doch der Wettbewerb unter den Einkaufszentren wird durch das starke Wachstum der Städte kompensiert”, so Alexander Otto, Sprecher der ECE und seit April 2012 auch europäischer Präsident des International Council of Shopping Centers (ICSC). Wachstum hin oder her: Wie es scheint, wird der türkische Immobilienmarkt, Aushängeschild vieler Immobilienmessen der letzten Monate, für Investoren auch in den nächsten Jahren nichts an Attraktivität einbüßen. (Andreas Schiller, DER STANDARD, 22./23.12.2012)
http://derstandard.at/1356426202345/Tuerkische-Kaufkraft-voraus
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