Die Türkei soll laut OMV Teilschuld am Scheitern des Nabucco-Projektes haben

Dem Scheitern der Nabucco-Gaspipeline folgt nun ein rechtliches Nachspiel vor einer Schlichtungsstelle der Weltbank.

Das vor zwei Jahren offiziell für gescheitert erklärte Gaspipelineprojekt der OMV mit Namen Nabucco hat jetzt ein rechtliches Nachspiel. Und zwar auf allerhöchster politischer Ebene. Als eine seiner letzten Amtshandlungen hat der im Juni ausgeschiedene OMV-Boss Gerhard Roiss nämlich niemand Geringeren als die Türkei und ihren Premierminister Ahmet Davutoğlu vor ein internationales Schiedsgericht der Weltbank gezerrt. Das ist möglich, weil zwischen Österreich und der Türkei seit 1988 gegenseitige Investitionsschutzabkommen bestehen.
Die OMV will zu dem laufenden Verfahren (ICSID Case No. ARB/15/26) keine Stellungnahme abgeben. Inhaltlich geht es um den Schaden, den das Unternehmen durch die Absage der mehr als zehn Jahre lang geplanten Gaspipeline zwischen Aserbaidschan und Österreich zu verbuchen hatte. Die für das Projekt errichtete OMV-Tochter, Nabucco Gas Pipeline International GmbH, wird eben liquidiert und hinterlässt ihren Gesellschaftern einen abschließenden Bilanzverlust von 177,6 Millionen Euro. Rund 50 Millionen davon gehen auf das Konto der OMV, den Rest teilen sich die ebenfalls beteiligten nationalen Energiegesellschaften in Bulgarien, Rumänien und Ungarn.
ABKOMMEN UND VEREINBARUNGEN
Zumindest eine Teilschuld für das Aus des Projekts lastet die OMV offenbar der Türkei an. Hat die türkische Regierung doch in der Vergangenheit zwar mehrfache Abkommen zur Unterstützung des Nabucco-Projekts und auch Verträge mit dem potentiellen Gaslieferanten Aserbaidschan abgeschlossen. Letztlich vereinbart aber hat sie nun mit Russland den Bau der alternativen TurkStream-Leitung für Russengas. Und diese sieht fürs Erste eine Routenführung vor, die die alten Nabucco-Gesellschafter links liegen lässt. Damit sind nicht nur deren Planungskosten verloren, es geht auch um entgangene Durchleitungsgebühren für das Erdgas in Milliardenhöhe.
Schon aus Eigenschutz muss der OMV-Vorstand sämtliche rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen. Die Schiedsgerichtsklage könnte aber zusätzliche strategische Gründe haben. Denn die OMV hat ohnehin ein Hühnchen mit den türkischen Behörden zu rupfen. Weil der staatliche Energieregulator eine Margendeckelung im Energiegeschäft verhängte, musste man im Vorjahr 263 Millionen Euro an Firmenwert auf die türkische Tankstellentochter Petrol Ofisi abschreiben. Im ersten Halbjahr 2015 folgten weitere 200 Millionen Euro für ein Gaskraftwerk in der Großstadt Samsun. Roiss-Nachfolger Rainer Seele stellt gerade das Engagement am Bosporus grundsätzlich auf den Prüfstand.
Auch der Poker um zukünftige Gaspipeline-Routen ist noch nicht zu Ende. Denn die Turkstream-Pipeline muss nicht unbedingt die angedachte Verlängerung über Griechenland und Italien nehmen (TAP-Pipeline). Stattdessen könnte das Gas auch über Mazedonien und Serbien nach Österreich fließen (TESLA-Pipeline). Dann wäre die OMV wieder mit im Spiel.

Quelle : format.at

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