Heute komme ich mal mit Türkei-Beratung der besonderen Art

Es ging um eine Unternehmensgründung in der Türkei. Der deutsch-türkische Unternehmer stellte seine Fragen ins Netz und bat um Antworten und Ratschläge. Ein Bekannter aus meinem Netzwerk sagte: „Das könnte was für Sie sein“.

Folgende Fragen suchten dort ihre Antworten : “Worauf müssen wir achten? Was brauchen wir für Dokumente? Gibt es irgendwelche Restriktionen auf die wir achten müssen? Wie läuft der Geldfluss, Buchhaltung Steuern etc.? Worauf müssen wir achten, wenn wir die Firma wieder schließen möchten? Gibt es zeitliche Einschränkungen dafür?”

Ich finde, hin und wieder kann man bei einer einzigen Frage Meinungen und  Ratschläge vom Internet einholen, aber gleich so viele Fragen auf einmal ?

Der Unternehmer glaubt sich die Sache einfach machen zu können, in dem er in die Mitte hinein fragt. Die Gruppe hat über 5.000 Mitglieder. Bestimmt sind über 2.000 davon in der Lage etwas dazu  zu sagen. Die Frage ist, ob dieses Wissen auf Hörensagen, Gelesenes oder  Erfahrungen basiert.

Ich fragte den Unternehmer in der Gruppe, ob er sich auf diese Ratschläge verlassen und sein gutes Geld riskieren wolle.

Jetzt nicht falsch verstehen; sicher wären auch einige sehr nützliche und qualifizierte Ratschläge dabei , nur wie soll man unterscheiden, was gut und was schlecht ist.

„Bitte lassen Sie mich auf meine Erfahrungen basierend sagen, dass Sie den falschen Weg gehen“, schrieb ich. Weiter sagte ich :

Nicht nur die Antworten zu diesen Fragen fehlen. Hier fehlen noch mindestens 50 Fragen, die Sie nicht gestellt haben (ich habe untertrieben). Folglich werden diese nicht gestellten Fragen ebenfalls unbeantwortet bleiben.  Sie werden bei Ihrem Türkei-Start große, Ihnen nicht bekannte Risiken auf sich nehmen und wahrscheinlich scheitern.

Dafür gibt es Berater. Diese kosten aber leider Geld, die Sie auf diesem Wege einzusparen gedenken . Bitte jetzt nicht glauben, ich wäre scharf auf den Auftrag. In meinem Leben habe ich 3 Mal türkisch stämmige gegen Geld beraten und alle Male einen Debakel erlebt.

Gründe gibt es viele. Ein ganz häufige Variante ist, dass der türkische Auftraggeber, sagen wir mal Sie, während der Beratungsphase einem anderen türkisch stämmigen Berater begegnen. Sie erzählen ihm, dass Sie sich von mir beraten lassen und nennen das Beratungshonorar. Der Türkei-Berater wird Ihnen sofort sagen : „Das hätte ich zum halben Preis gemacht“ (Ben bunu yari fiyatina yapardim). Der Satz ist ein Klassiker und hat in der türkischen Geschäftswelt eine Tradition. Auch wenn Sie diesem Berater keinen Betrag genannt hätten, Sie können sicher sein, er hätte es auch dann zum halben Preis gekonnt. Das ist in vielen Lebensbereichen in der Türkei so, dass die anderen immer alles zum halben Preis können.

Oder es gibt noch das grausige Beispiel, dass der zu Beratende, auf Druck seiner Verwandtschaft oder sonstiger Besserwisser auf einmal glaubt, dass er das, was er vom Berater verlangte, hätte auch alleine bewerkstelligen können, oder um den Honorarbetrag betrogen wurde. Egal wie der Auftraggeber reagiert, eines haben die türkischen Auftraggeber gemeinsam. Sie wollen immer das Beratungshonorar zurück. Von einem Rechtsanwalt würden sie das niemals verlangen, aber von einem Berater, der das Unsichtbare also sein Wissen verkauft, alle Male.

Bevor ich abschließe (nach diesem Spruch kann ich u.U. länger schreiben als es schon oben der Fall war) möchte ich Ihnen mit dem folgenden Fall kommen, wovon kaum ein Türkei-Berater was weiß bzw. spricht.

Sie gründen eine Limited mit einem Stammkapital von 10.000 TL (ca. 3.000 Euro) und kommen dabei günstig weg. Es ist nämlich der Mindestbetrag. Zu Beginn reisen Sie auf Kosten der Firma, oder Mieten ein Büro und richten diesen ein, dann noch die Gründungskosten. Sie haben dafür knapp 12.000 Euro ausgegeben. Wie konnten Sie 12.000 Euro ausgeben, wo doch das Unternehmen mit 3.000 Euro Stammkapital ausgestattet wurde? Klar, Sie haben Ihrem Unternehmen ein Gesellschafterdarlehen gegeben, die sie dann, wenn die Geschäfte gut laufen, wieder rausziehen werden. Denkste !

Gesellschafterdarlehen, die das Doppelte des Stammkapitals übersteigen, dürfen aus dem Unternehmen nicht mehr abgezogen werden in der Türkei. So möchte der Fiskus verhindern, dass der Unternehmer mit den Geldern hin und her operiert und Gewinne verschleiert.

Das war z.B. die Antwort auf eine der durch Sie nicht gestellten Frage. Eine von vielen.

Deshalb Vorsicht ! In der Türkei ist Ihr Geld schneller weg als Sie glauben.

Übrigens, ein Unternehmen zu schließen kann in der Türkei bis zu zwei Jahre dauern, oder besser gesagt; es dauert in der Regel zwei Jahre. Aber da gibt es noch ein Trick. Dann geht es ziemlich schnell.

Ob ich Ihnen einen Berater empfehlen kann?

Das ist auch so eine Sache. Bestimmt haben mich durch die Jahre schon über einhundert Türkei-Berater kontaktiert und ein Erst- bzw. Letztgespräch (alles in einem) mit mir geführt (ihr müsst bedenken, dass alle Deutsch-Türken potentielle Türkei-Berater sind. Diese Berater stellten mir bei unseren Begegnungen im Net eine Unmenge von Fragen. Ich gab fleißig Antworten und Stellungnahmen. Das Ganze nannten Sie dann am Ende Meinungsaustausch. Müssen bei einem Meinungsaustausch nicht beide Seiten reden?

„Ich denke, wir werden bei einem oder anderen Projekt kooperieren können“ sagen sie zumeist beim Abschied. Denkste !

Ein Türke teilt nicht, wo er doch alles alleine machen kann (so glaubt er zumindest).

Noch was: Ich wundere mich immer wieder, dass sogar in Deutschland geborene türkisch stämmige diese Unart, ohne Berater sich ins Unheil zu stürzen, pflegen. Deutsche Tugenden eignen sie sich schon an und glänzen damit, wenn sie in der Türkei arbeiten. Nur dieses am falschen Ende sparen und sich auf die unqualifizierten Meinungen und Ratschläge des Umfelds zu verlasssen, das haben sie im Blut

Ich hoffe, dass ich nicht zu vielen auf die Füße getreten bin. Ich habe nur meine Erfahrungen wiedergegeben. Schließlich habe ich durch die Jahre über 130 Marken und Unternehmen aus der DACH Region in die Türkei geführt und bei unzähligen anderen Projekten (D+TR) mit anderen Problemstellungen mitgewirkt. 🙂

Sonnige Grüße aus Antalya

ARD

Teletext Texttafel 500 : Der Autor des Beitrages hat, während er schreibt, ein Schmunzeln im Gesicht. 🙂

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