The Turkish Ramadan Show – Das Propagandafastenbrechen

In meiner Kindheit, als ich in der Türkei lebte, fiel der Ramadan auf die Wintermonate. Die Menschen in der Türkei freuten sich, wenn es auf den Ramadan zuging. Es wurde, ohne dem großes Gewicht beizumessen, gefeiert. Das Besondere waren die Ramadan-Fladenbrote. Eigentlich die Fladenbrote, die man auch aus Deutschland kennt. Diese gibt es in der Türkei nur zu Ramadan.

Pide wird das türkische Fladenbrot genannt. Diese kommen zumeist nachmittags, kurz vor dem Fastenbrechen, frisch aus dem Ofen. Die Pides kamen zuhause nie ganz an. Diesem Duft konnte man einfach nicht widerstehen. Schon fing man als Kind zu knabbern an. Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich in weiser Voraussicht immer ein Pide mehr kaufte, damit wenigstens zwei zu Hause heil ankamen.

Es war üblich, zumindest in der Stadt, dass man andere zu sich einlud. Wenn überhaupt, dann waren es Nachbarn und Verwandte.

Um in der Nacht aufstehen zu können, stellte man den Wecker. Die Kinder weckte man nicht, damit sie weiterschlafen konnten. Ich kann mich nicht erinnern, dass in der ganzen Grundschule überhaupt ein Kind fastete.

Das ging so weit, dass man dem Fastentrommler, der die Menschen mit seinem Trommeln zum Ramadantag weckte, damit sie letztmalig etwas essen können, Geld zusteckte, damit er eine andere Route nahm und die Kinder nicht aufweckte.

Wenn die Fastenbrechzeit nahte, leerten sich die Straßen. Jedem einzelnen war es egal, wer fastete und wer nicht. Der Ramadan-Monat war nicht ein Teil der Politik.

Als die Partei gegründet wurde, welche den politischen Islam zum Instrument machte, hatte sie Glück. Der Ramadan rutschte nach dem Kalender immer mehr in die wärmeren Jahreszeiten. Das Fastenbrechen wurde als Party zelebriert. Die Ramadan-Shows hielten Einzug im Fernsehen. Der Ramadan wurde zu einem Propagandainstrument. Besonders die türkischen Stadtverwaltungen nutzten die Chance und boten gemeinsames Fastenbrechen auf großen Plätzen und Straßen an. Bedenklich finde ich, dass dieses gemeinsame Fastenbrechen in Deutschland sofort übernommen wurde. Auch ohne Parolen sind diese Treffen Propaganda für die AKP, denn sie hat das politische Fastenbrechen erfunden.

Als man dazu überging waren tatsächlich vorrangig die Bedürftigen am Tisch. Das dauerte aber nicht lange. Sofort merkten die, die den politischen Islam zu ihren Zwecken missbrauchten, dass da noch mehr möglich war.

Im Jahre 2014 erreichten die Ramadan Horror Picture Shows ihren Höhepunkt. Die Präsidentschaftswahlen standen am 10. August an, folglich wurden im Juli die tollsten Fastenbrechpartys veranstaltet, mit reichlich Propaganda für Herrn  Erdogan.

Die Dinge nahmen ihren Lauf. Ab jetzt war Ramadan Propagandazeit der Politiker. Der Ramadan-Monat hatte seine Unschuld verloren. Er war nicht mehr das, was er mal früher war.

Heute ziehen die Politiker an einem Tag, innerhalb einer Stunde, von einem Fastenbrechen zum anderen und bedienen die Menschen mit ihren politischen Parolen. Allein die Anwesenheit ist Propaganda genug.

Das Fastenbrechen reichte aber nicht mehr. Neuerdings gibt es sogar TV-Shows, die den Muslim bedienen, der in tiefer Nacht aufsteht und den Ramadan-Tag anfängt. In der heutigen Türkei trifft man sich sogar um 2,3 und 4 Uhr in der Nacht, je nach dem wann man das letzte Mal eine Mahlzeit zu sich nehmen und trinken darf. Die politischen Parolen dürfen natürlich nicht fehlen.

Wann und wie diese Menschen nach Hause kommen, schlafen gehen, wie sie dann aufstehen und müde zur Arbeit gehen, um dann dort Leistung zu bringen, bleibt im Verborgenen.

Die Ramadan-Monate rutschen jetzt Richtung Frühling und mit den Jahren wird der Ramadan wieder auf die Wintermonate fallen. Die Propagandafastenbrechen auf der Straße wird es dann nicht mehr geben. Wollen wir das mal als ein Omen für die kommenden Wahlen am 24. Juni sehen.

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