Die türkische Wirtschaft: Aus der Not ist etwas Gutes entsprungen.

Der Rezession entgegenwirken, egal wie. Bekanntlich hat die Türkei in der Ära Erdogan über ihre Verhältnisse gelebt und einen Leistungsbilanzdefizit-Rekord nach dem anderen gebrochen. Nach dem Wertverlust der türkischen Lira haben sich die Importe dermaßen verteuert, dass man notgedrungen weniger importierte. Hätte man weiter mit teuren Devisen importiert, wäre man auf den Waren sitzengeblieben, denn die Kaufkraft im Lande ist dahin. Die Inflation wird offiziell mit 24,5% angegeben, aber gefühlt liegt sie über 100%. Die Masse der Menschen kann sich nicht mehr viel leisten und käme jetzt noch ein harter Winter hinzu, wäre die Situation für die privaten Haushalte noch schlimmer.

Steuersenkungen an allen Fronten sollen eine Erleichterung bringen und den Konsum wieder ankurbeln und diese Maßnahmen scheinen zu wirken. Wie gesagt, aus der Not geboren, wird weniger importiert. Folglich müssen die Türken auf einheimische Produkte ausweichen. Diese Situation brachte es mit sich, dass das Leistungsbilanzdefizit im September 2018, im Vergleich zum September 2017 um 77% zurückgegangen ist.

Die schwächelnde Währung brachte es mit sich, dass die türkischen Exportprodukte günstiger wurden und während die Importe zurückgingen, stiegen die Exporte. Was will man mehr? Genau das, was die Türkei braucht.

Schade, dass die Türkei nur Produkte über den Preis exportiert und keine Produkte mit Mehrwert hat, womit man gutes Geld verdienen könnte. Die Exporteure sind dennoch die Gewinner.

Am liebsten würde ich den Beitrag an dieser Stelle abbrechen und das gute Gefühl erst einmal absacken lassen. Da sind aber noch die Devisenschulden, die im Ausland beglichen werden müssen. Die Unternehmen müssen 280 bis 300 Mrd. USD Auslandsschulden bedienen. Nur, woher nehmen?

Denn wer über günstige Preise verkaufen muss, kann schlecht etwas verdienen, geschweige denn Rücklagen bilden. Damit die in- und ausländischen Konkurrenten nicht davonziehen, muss außerdem weiter in neueste Technologien investiert werden.

Auf dem Weltmarkt blieben die Ölpreise stabil, so sollen die Preise für Gas und Öl, noch vor dem Winter um neun Prozent gesenkt werden. Zwar ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn man bedenkt, dass die Preise für Gas und Öl sich in einem Jahr über 60% verteuerten. Aber immerhin bewegt sich etwas in die richtige Richtung.

Es bleibt abzuwarten, wie die Märkte in den kommenden Wochen und Monaten reagieren werden. Bei der überschuldeten Bevölkerung und der Wirtschaft sieht es dabei im Lande miserabel aus. Da das Negative in der türkischen Presse nicht erwähnt werden darf, bleibt dieser Teil im Verborgenen. Die Arbeitslosigkeit und die Unternehmenspleiten brechen Rekorde. Viele Medikamente sind seit Monaten nicht mehr zu bekommen, die Krankenhäuser können viele OP’s nicht durchführen, es fehlen Importteile. Der Überlebenskampf der Massen geht weiter. Millionen beziehen den Mindestlohn, welcher schon vor dem starken Wertverlust der türkischen Lira, weit unter der Armutsgrenze lag. Zum 01.01.2019 wird man den Mindestlohn für das neue Jahr festlegen, aber sicher nicht der Inflationsrate anpassen.

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