“Was meinen die damit?” – Auslandsanzeigen türkischer Unternehmen

Werbung zu verkaufen ist weltweit nicht einfach, aber in der Türkei kommt noch eine Schwierigkeit hinzu. In der Türkei gibt es keine fixen Preise in der Werbung, alles ist verhandelbar. Das Medium rühmt sich mit der Marke und umgekehrt die Marke mit dem Medium. Seit bald zwanzig Jahre besteht meine Verbindung zur WirtschaftWoche-Magazin, wenn es um Türkei-Themen geht und natürlich um Anzeigenverkauf. Vor knapp 10-12 Jahren, schafften wir noch, Türkei-Specials herauszubringen. Warum das schon lange nicht mehr geht? Es sind keine Unternehmen da, die Auslandsanzeigen schalten. Ohne Werbung, keine Türkei-Specials.

Mir fiel heute zufällig ein, wie das beim ersten Mal war, als eine türkische Marke in der WIWO eine Anzeige einschalten wollte. Der Entscheider des Unternehmens sah die Preisliste und sagte: “Wir sind aber XYZ und zahlen diese Preise nicht. Machen sie bitte für uns einen speziellen Preis.” Ich glaube, das habe ich zu höfflich wiedergegeben. “Bitte” usw. kam darin nicht vor.

“Wir machen keine Sonderpreise. Es gibt die üblichen Rabatte bei Mehrfachbuchungen” sagte ich. Skonto erwähnte ich deshalb nicht, weil das Unternehmen in 90-120 Tagen zahlte. “Ich glaube, Sie haben mich nicht verstanden, wissen Sie nicht wer wir sind?” Daraufhin bat ich den Herrn eine E-Mail zum Verlag zu schicken. Das tat er auch. Prompt wurde ich aus Deutschland angerufen. “Herr Dener, wie haben ein Schreiben von der Firma XYZ bekommen, darin betonen sie besonders, man solle bitte berücksichtigen, dass sie eine tragende Marke wären. Sie kennen sich mit den Türken besser aus, was meinen die damit?”

Ich habe dann erklärt, wie das in der Türkei so läuft. So eine Marke zahlt gerade mal 2.000 EUR für 1/1 Seite, wenn die Seite 100.000 EUR kostet. Die Marken nehmen sogar den Werbeagenturen die Agenturprozente weg und zahlen nur die Grafik und Fotos.  Das jeweilige Medium rühmt sich damit, die Marke im Boot zu haben und hofft, dass durch diese Aufwertung andere folgen. Nur verhandeln alle, große wie unbekannte Marken, bis die Balken brechen.

Die o.g. Marke ist heute. nicht mehr so stark wie früher, aber immer noch dabei und weiß, wie wertvoll und effektiv eine Werbung in der WirtschaftsWoche ist.

Es muss schon sehr nachdenklich stimmen, dass die türkischen Unternehmen keine Auslandsanzeigen einschalten. Klar, in der heutigen Zeit, mitten in der Krise ist es schwer, aber seit der AKP Regierung, muss man lediglich die Entscheidung treffen, im Ausland werben zu wollen. Der Staat übernimmt die Kosten, wenn es um Export oder um die Etablierung einer türkischen Marke im Ausland geht. Das zeigt wieder auf den wunden Punkt, nämlich, dass es wenig Produkte mit Mehrwert gibt. Die Produzenten denken, dass sich eine Anzeige nicht lohnen würde. Dennoch, hier könnte man sich Vorteile gegenüber den anderen Mitbewerbern weltweit verschaffen. Werben, was das Zeug hält, denn der Staat zahlt.

Warnung! Das ist der Normalfall. So steht es auf dem Papier und bekanntlich ist Papier geduldig.

 

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