Dreiklassengesellschaft

Bis 1970 gab es auf den Schiffen, die auf dem Marmarameer zwischen Kadıköy, Karaköy und den Prinzessineninseln  (Adalar) verkehrten, gleich drei Klassen.

An der Spitze des Schiffes war die zweite Klasse. Der Unterschied zu der 1. Klasse bestand darin, dass man in der zweiten Klasse auf Holzbänken saß und in der Ersten weicher, auf mit Lederimitation gepolsterten Sitzen. Weiter hinten, am Bug des Schiffes gab es dann einzelne Sessel mit Stoffüberzug. Das war dann die Luxusklasse. Die erste Klasse und die Luxusklasse wurden durch Glas getrennt. Das Glas war mit gebeizten Motiven dekoriert. So sah die andere Seite, egal wo man war, recht edel aus.

Während bei der ersten und zweiten Klasse schon an der Anlegestelle, sich der Spreu (2. Kl.) vom Weizen (1. Kl.) trennte, so entschied man sich für die Luxusklasse immer kurzfristig, wenn in der ersten Klasse kein Platz mehr war.

Kurz nach dem das Schiff ablegte, kam ein Bediensteter und kassiert 0,25 TL Luxusaufschlag.

Meine Mutter entschied sich immer dann, wenn alles voll war in der ersten Klasse, für die Luxusklasse. Für mich als Kind war das ein erhebendes Gefühl. Schon damals fiel mir auf, dass einige nur wer waren, wenn sie glaubten, in der Luxusklasse etwas Besseres zu sein. So spielten einige Tanten und Onkels Kontrolleure und fragten Reisende, die nicht so hochwertig gekleidet waren wie sie: „Haben Sie auch nicht vergessen Ticket zu lösen, für die Luxusklasse?“

Auch kann ich mich an den Tünel erinnern, das ist eine unterirdisch verlaufende Standseilbahn im europäischen Teil Istanbuls und gilt mit ihrem Eröffnungsjahr 1875 als die älteste dauernd bestehende Standseilbahn Europas, da die ältere Budavári Sikló in Budapest zeitweilig außer Betrieb war. Bei diesem Seilbahn, gab es ebenfalls zwei Klassen. Die vordere Kabine war die erste Klasse und echt edel. Hier waren die Sitze aus echtem Leder. Ich weiß nicht, wie groß der Preisunterschied war, aber kaum jemand fuhr 1. Klasse. Wahrscheinlich wollte man auf den auf den 606 Metern Länge, die die Bahn in einer parabolischen Kurve unterirdisch fährt, nicht auffallen. Tünel ist deshalb keine U-Bahn, weil die Antriebstechnik, die einer reinen Standseilbahn ist.

Oben hatte ich die Schiffe erwähnt, die zwischen zwei Kontinenten hin und her fahren. Die ersten Exemplare wurden aus Schottland importiert. Dann hat man gemeint, dass es so schwer nicht sein könne, diese nachzubauen. So kam es auch. Ab den 60er Jahren wurden die Schiffe in der Türkei gebaut. So gesehen wahrscheinlich eines der letzten Beispiele, nicht mehr importabhängig zu sein.

Foto: Abdullah Balcilar  

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