Wie man in der Türkei Geld macht – Ein Beispiel

Er ist mit einem Verwandten von mir verheiratet und stammt aus dem Iran. Die ganze Großfamilie von ihm ist mittlerweile in der Türkei und alle zusammen beherrschen einen bestimmten Zweig der Kunststoffindustrie der Türkei.

Vor 5 Jahren sitze ich bei denen im Büro. Wir unterhalten uns über allerlei Dinge. Gerade in dem Moment kommt jemand rein und sagt, dass er Kunststoffgranulat hätte, die er günstig abgeben könne. Die Menge weiß ich heute nicht mehr, aber das Ganze sollte 7 Millionen USD kosten.

Der Sohn ruft den Vater an und fragt, ob Bedarf wäre. Der Vater scheint interessiert zu sein. Kommt vorbei, schaut sich die Musterware an und verhandelt. Am Ende ist er bereit 5,7 Millionen USD dafür zu zahlen.

Anfang 2017 treffe ich den Kunststoffkönig Junior zufällig auf der Straße. Wir gehen gemeinsam Kaffee trinken. Dann fällt mir deren Deal mit dem Kunststoffgranulat ein. Ich frage, ob sich das Geschäft den gelohnt hätte. Er sagt, dass sein Vater die Menge nur gekauft hätte, weil die Rohstoffpreise immer weiter ansteigen, also als Geldanlage. Die Ware wäre noch nicht verarbeitet aber schon fast 40 Millionen USD wert. Das ist die Türkei. Das Granulat ist nicht mal verarbeitet und schon fast das 7 fache wert und dass in drei Jahren. Nach der Verarbeitung wird man, nur mit dieser erwähnten Menge, einen Umsatz von bald 150 Millionen USD erzielen. Stimmt, Geld macht man mit Geld und in der Türkei am einfachsten.

Für den einfachen Mann gibt es in der Türkei nichts zu holen. Das war schon immer so. Mit einem einzigen Unterschied: Noch nie wurde die Türkei so ausgenommen, wie zu Zeiten des Herrn Erdogan. Die Importabhängigkeit wurde bewusst gefördert, die Schuldenlast, auch wenn der Staat hoch verschuldet ist, wurde auf die Privatwirtschaft umgewälzt. Alle tragenden Industrien und führenden Unternehmen der jeweiligen Branchen wurden über die Seilschaften von Herrn Erdogan an die Ausländer verkauft.

Die Rettung kann nur in Form von 200-300 Mrd. USD durch die IWF kommen. Die private Wirtschaft muss sehen, wo sie bleibt. Viele werden weiter Pleite gehen, die Großen werden die Kleinen schlucken und neue Unternehmen werden entstehen. Das Leben wird in der Türkei weitergehen, aber wie? Die Armut ist bei vielen Familien schon lange der Alltag. Die meisten Menschen, natürlich nicht alle, kaufen z.B. Obst und Gemüse stückweise, alles das, was sie früher kiloweise gekauft haben. Die Lebensmittel sind über 100% teurer als vor 7-8 Monaten. Die Arbeitslosigkeit steigt und wird schöngeredet, wie alles in der Wirtschaft.

Nach dem großen Knall wird es wieder aufwärts gehen. Nach so viel Tief, wird das Hoch die Folge sein, weil es dann tiefer nicht mehr geht.

Übrigens, der Kunststoffkönig Junior mag mich nicht. Für einen, der nur in Kunststoff denkt, bin ich ein Verrückter. Ich rede von Menschenrechten, dass die Würde des Menschen unantastbar ist usw. Alles Dinge, die es in Hülle und Fülle gibt in der Türkei, sagt er. Jetzt dürft Ihr einmal raten, welche Partei er wählt.  

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