Mit Läpptapp nach Nijorg

Aus dem Tagesspiegel von heute. Ich, über die türkische Aussprache des Englischen.
An meinem Notebook entdecke ich seit Langem menschliche Züge. Unsere Charaktere ähneln sich. So, wie ich alle Menschen zuerst mal mag, tut er das auch. Woran ich das erkenne? Die Gesichtserkennung funktioniert so, dass praktisch jeder an mein Notebook rankann. Ob ich mit Bart, ohne, rasiert, unrasiert, mit oder ohne Brille, mit Wollmütze, Kappe davorstehe, er geht immer an und löst auf seine freundliche Art die Sperre auf. Wer auch immer sich davorsetzt, kann meinen Computer einschalten. Ich sage ja, mein Notebook liebt die Menschen und vertraut ihnen, egal wer sie sind, egal wie sie aussehen. Das geht so weit, dass er, sogar wenn ich ein Foto des neuen Zentralbankpräsidenten der Türkei Murat Uysal, mit seinem vertrauenerweckenden Blick (siehe unten), davorhalte, angeht. Für Geheimniskrämerei ist unter diesen Umständen kein Platz in meinem Leben. Immer wenn ich Notebook sage, fällt mir ein, dass die Türken in der Türkei grundsätzlich Laptop sagen und das nicht so, wie wir es in Deutschland aussprechen. Eher mit amerikanischem Schlag: „Läpptapp“.
Im türkischen Fernsehen werden jeden Nachmittag und manchmal auch abends Pferderennen übertragen. Während wir in Deutschland von einer Startbox sprechen, aus der die Pferde starten, sagt der Türke dazu „Starting-Box“. Natürlich wird das zweite Wort „Backs“ ausgesprochen und sofort berichtigt, wenn jemand wie gewöhnlich Box sagt. Jetzt könnte man denken, die Türken sind amerikanisch geeicht und die meisten könnten Englisch, sorry about that, ich meinte Amerikanisch. Weit gefehlt! Fragt man, ob sie Englisch können, sagen die meisten: „Verstehen ja, aber sprechen eher nicht“. Von nun an darf man nichts mehr in Englisch sagen, sonst wird es peinlich für das Gegenüber. Hier ein Hinweis: Es betrifft nicht alle. So ein Hinweis ist heutzutage bitter nötig, weil jede Aussage zwei Seiten hat und die eine Seite ist schlagkräftiger und hat wenig Verständnis für Aussagen, die verallgemeinernd klingen.
Und dann gibt es noch New York. Das kann in der Türkei kaum jemand richtig aussprechen. Die Zunge hängt sich dabei auf. Fast alle (diesmal verallgemeinernd) sagen „Nijorg“. Manchmal greife ich ein und versuche zu berichtigen. Schließlich muss ich auch mal was besser wissen. Nein, ich werde darauf hingewiesen, dass es „Nijorg“ heißt. Was soll ich machen, ich weiche auf York in England aus. Das sind von Nijorg aus zwar fast acht Stunden Flug, aber zumindest ist unser beider Aussprache gleich: Jorg!
