“Clear to take-off!” Eine türkische Pilotin erzählt

Der Anteil von Pilotinnen macht weltweit ca. 5% aller PilotInnen aus. Der Anteil der Pilotinnen bei der Turkish Airlines beträgt 3%. Hier ein Interview mit einer Pilotin aus dem Stadtteil Kadiköy.

Eser Aksan Erdoğan ist 31 Jahre alt und hat zehntausende von Follower bei Instagram.

Wir würden dich gerne kennenlernen?

Ich bin in Dordrecht in den Niederlanden geboren worden. Ich studierte auf der Inholland Universität Betriebswirtschaft und war zu dieser Zeit im Rahmen des Erasmus Programm Gaststudent in der Türkei, auf der Middle-East-University.

Wie bist du Pilotin geworden?

Das war ein Kindheitstraum. Ich stellte mir immer vor große Maschinen zu fliegen.

Warum Pilot und nicht Stewardess?

Weil ich in den Niederlanden geboren und großgeworden bin, haben wir solche Unterschiede nicht gemacht. Ich hatte nur ein Ziel vor den Augen und wollte Pilotin werden, was ich auch geschafft habe.

Hat das also damit was zu tun, dass du in den Niederlanden aufgewachsen bist?

In den Niederlanden sind die Frauen meines Erachtens europaweit am freiesten und eigenständigsten. Hier macht man keine großen Unterschiede zwischen Mann und Frau. Dennoch, die Frauen sind in den Niederlanden als Pilotinnen in der Unterzahl, liegen jedoch über dem Schnitt weltweit.

Wie lange fliegst du schon?

Ich bin im sechsten Jahr. Drei Jahre Ausbildung und seit drei Jahren fliege ich bei der Pegasus Airlines.

Du fliegst Boeing 737. Was sind das für Gefühle, wenn du so eine Maschine fliegst?

Die Firma hat 737 und Airbus A320 Flugzeuge. Wir haben unterschiedliche Ausbildungen erfahren, dass wir beide Typen fliegen können. Am Wichtigsten ist, dass wir die Sicherheitschecks unterschiedlicher Typen beherrschen. Die Gefühle, was Fliegen angeht auszudrücken ist nicht einfach, aber ich habe die schönste Aussicht aller Büros, kann ich nur sagen.

Was fordert dich in deinem Beruf besonders?

An der Spitze stehen die unregelmäßigen Arbeitszeiten. Du kannst zu jeder Tageszeit eingeteilt werden. Auch Feiertage, Wochenende und Silvester usw. existieren für uns nicht. Alle Tage sind gleich. Oft kommt es in unserem Beruf vor, dass wir den Wochentag nicht wissen.

Wenn du dein Traumjob ausübst, muss ich wissen, ob du noch andere Hobbies hast?

Sport spielt eine wichtige Rolle in meinem Leben. Da wir sehr diszipliniert sein müssen bei unserem Job, ist Sport ein guter Begleiter. Ich habe früher in der türkischen Wasserball Nationalmannschaft gespielt. Derzeit mache ich mit meinem Mann nur Kickboxen, zu mehr habe ich keine Zeit.

Ich habe gehört, dass ihr mit einer Crew, rein aus Frauen bestehend nach Saudi-Arabien geflogen seid. In ein Land, wo die Frauen jetzt erst Auto fahren dürfen. Wurdet ihr nicht schief angeguckt?

Es war echt traurig. Wir Frauen können in jedem Beruf bestehen, wenn man uns denn auch lässt.

Dein Mann ist ebenfalls Pilot. Trifft ihr euch eher zuhause oder am Flughafen?

Es kommt schon mal vor, dass wir uns eine Woche lang überhaupt nicht begegnen. Wenn nicht besonderes passiert ist, reden wir niemals über die Fliegerei und schauen zu die wenige Zeit gut zu verbringen.

Kann man es als Vorteil oder Nachteil sehen, dass ihr beide Piloten seid?

Wir verstehen uns besser. Wenn einer von uns müder ist, tolerieren wir das eher. Der einzige Nachteil ist, dass es vom Glück abhängt, dass wir uns begegnen.

Ich kenne dich über Instagram. Dort gibt es auch schöne Fotos vor der Fliegerei.

Ja, ich habe 60.000 Follower und die Zahl steigt täglich. Eigentlich hatte ich nicht vor, so viele Follower zu bekommen. Ich war sogar erschrocken. Mein Mann und ich sind keine Profi Fotografen, aber die Bilder wecken großes Interesse. Da wir authentisch rüberkommen, mögen uns die Leute. Ich teile auch Fotos, wo ich tot müde bin. Das mögen die Menschen, wenn man ehrlich ist und nicht immer durchgestylte Fotos teilt.

Einer englischen Zeitung sollst du gesagt haben, dass du eigentlich F-16 fliegen wolltest. Was ist daraus geworden?

Aus einigen Gründen wurde ich nicht in die niederländische Luftwaffe aufgenommen. Am Ende war es auch nicht so schlimm, schließlich bin ich gegen Waffen und Krieg.

Du lebst in meiner Lieblingsgegend Kadiköy. Sag mal was dazu bitte.

Ich finde nirgendwo kann man in der Türkei freier Leben als in Kadiköy. Ich lebe seit 8 Jahren im Stadtteil Caddebostan. Ich bin glücklich hier leben zu dürfen. Wenn die Urbane Transformation der letzten Jahre abgeschlossen sein wird, wird es auch wieder ruhiger werden. Derzeit ist viel Krach durch die Bautätigkeit. Es mach mich aber glücklich, egal wie weit ich geflogen bin, am Ende komme ich in meiner Wohnung im geliebten Kadiköy an.

Mein Artikel über KADIKÖY: “Einmal Kadiköy bitte!”

Eser, am Ufer von Caddebostan (foto: gazetekadiköy.com)
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