Das Glück ereilte mich zwischen 00:08 und 01:39 Uhr in der Nacht

Schon die ganze Zeit fährt ein Geldtransporter vor mir. Auf der Landstraße fuhren eigentlich nur zwei Fahrzeuge, der Geldtransporter und ich. Um nicht den Eindruck zu erwecken, ich würde dem Transporter folgen, hatte ich einigen Abstand zwischen mich und dem Transporter gelegt. Alle paar Hundert Meter gab es eine Straßenlaterne, sonst war es stockfinster dunkel. Ich war am Grübeln, wie viel Geld wohl in so einen Transporter passt. Die Frage ersetzte meine sonstigen Tagträume und Zukunftsplanungen, die ich beim Autofahren so habe. Dann auf einmal bin ich in der Realität angekommen. Ich halte an als ein entgegen kommendes Fahrzeug den Transporter stoppt. Drei Gangster überfallen den Geldtransporter. Dank der vielen Filme dieser Art, die ich bis heute gesehen habe, reagiere ich sofort und reiße mein Fahrzeug ins Gebüsch. Aus ca. 150 Meter Entfernung beobachte ich die Szenerie. Es geht ganz schnell. Drei Gangster, schwer bewaffnet, einer hat sogar eine Panzerfaust, was wahrscheinlich der Grund ist, dass die Fahrer des Transporters sofort alles mitmachen, oder gehören sie gar der Bande? Die drei Räuber tragen viele Säcke in ihren schwarzen Transporter und nehmen auch die Fahrer mit und hauen ab. Ich beobachte die Gegend, ob noch jemand den Raub gesehen hat. Niemand da. Also fahre ich in die Richtung des Transporters, der mit offenen Türen am Straßenrand steht. Eigentlich möchte ich ohne Halt zu machen vorbeifahren. Dann aber sehe ich einen Jutesack am Straßenrand. Hatten die drei etwa einen Geldsack vergessen? Das Blut schießt mir in den  Kopf. Kurz nachgedacht: Drei Gangster überfallen einen Geldtransporter, Verletzte gab es nach meinen Beobachtungen nicht, sie sind mit dem Geld abgehauen und haben die Fahrer mitgenommen. Würde in dem Sack Geld drin sein, wovon stark ausgegangen werden konnte, könnte ich es mitnehmen. Die Versicherung würde sowieso für den Gesamtbetrag aufkommen. All diese Gedankengänge dauerten keine Sekunde lang. Ich schnappe mir den Geldsack und schmiss diesen auf den Hintersitz. Die hinteren Scheiben sind getönt, reinschauen kann man nicht und außerdem, wenn ich von der Polizei in diesem Zusammenhang angehalten werde, ist sowieso Erklärungsnotstand, dachte ich mir. Dann sagte ich mir: “Wie oft bist du im Leben von der Polizei angehalten worden?” In den letzten zwanzig Jahren nur einmal. Das war, als ich an dem Tag, aus Antalya kommend, fast in Alanya angekommen war und mich der Polizist von der Geschwindkeitskontrolle zur Seite winkte. “Ich war nicht zu schnell!” kam aus mir raus geschossen. “Mein Kollege mit dem Radar da vorne meinte, sie würden zu langsam fahren und verträumt in die Gegend schauen. Ich sollte mal nach dem Rechten sehen.” Ich sagte, dass das bei mir Normalzustand wäre. Ich hätte nun mal meine Tagträume und außerdem, bei der Einfahrt in die Stadt, würde ich das Meer und die Gegend bewundern und alles genießen. Er schmunzelte, verlangte nicht einmal nach meinen Papieren. „Sind Sie von hier?“ „Eigentlich bin ich ein Istanbuler, aber man kann sagen, dass ich aus Deutschland bin.“ „Möchten Sie Tee?“ fragte er mich. Die Haltebucht war von Natur aus gegeben und eigentlich mit den Bäumen drum herum, eine wundervolle Ecke, die man sich in dieser Schönheit hätte nicht ausdenken können. Die Polizisten hatten einen portablen Tisch aufgestellt und darauf den Gaskocher mit den Teekannen. Sie ließen es sich gutgehen. In knapp einer halben Stunde, an dem die Temposünder an uns vorbei schossen, erzählte ich viele Anekdoten. Dann sagte einer der Beamten: “Wir müssen wieder! Wir müssen unser soll an Fahrzeugen anhalten.” Der, der mich angehalten hatte sagte: „Merken Sie sich meine Nummer, wenn Sie etwas brauchen, verlangen Sie nach mir“ und zeigte auf die Nummer an seinem Kragen. Das Geburtsjahr meiner Mutter. Würde ich aber jetzt angehalten werden, könnte der mir nicht helfen, denn ich war in Deutschland unterwegs. Vor zwei Tagen sah ich einen Film, wo ein Peilsender unter den Geldscheinen versteckt war. Also fuhr ich nochmals ran auf der Landstraße. Mit der Schere aus dem Erstehilfekasten bewaffnet, machte ich den Geldsack kaputt. Als ich die vielen Geldscheine sah und daran dachte, dass ich etwas Verbotenes tat, merkte ich, dass es möglich war, dass ich noch dunkelroter werden konnte, im Gesicht. Wenn mich ein Polizist so sehen würde, könnte er mich sofort abführen. So rot wird man wahrscheinlich nur, wenn man etwas ganz schlimmes verbrochen hat und einem die kriminelle Energie und Erfahrung völlig fehlt. Den leeren Sack schmiss ich weg, ein Peilsender war unter den Geldscheinen nicht zu entdecken. Geschätzt waren es ungefähr zwei Millionen Euro. Ich konnte es in etwa abschätzen, denn ich hatte mal für einen späteren AKP Minister vier Millionen DM in ALDI Tüten zur Bank gebracht und zu einer Zeit, als man nur 20.000 DM Bares bei sich haben durfte. Es war ein reiner Geschäftsvorgang. Ich leitete ein Unternehmen in Deutschland, wo er der Hauptgesellschafter war. Ich überzog das Konto, weil die erwarteten Geldeingänge von den Zahlungszielen her noch ca. einen Monat auf sich warten lassen würden. Die damalige Einfuhrumsatzsteuer von 14% musste ich bei den Importen jedoch bezahlen. Er meinte, es wäre unnötig,  so viele Zinsen an die Bank zu bezahlen, ich sollte von ihm verlangen, falls nötig. Er machte den einzigen Koffer auf, den er bei seiner Deutschland-Reise dabei hatte und fragte, ob wir Tüten hätten. Der Koffer war komplett voll mit Geld. Klar, in einem türkisch angehauchten Unternehmen gibt es immer Tüten und zwar ALDI Tüten. Also zählte er anhand der Packen von Geld die vier Millionen ab und sagte mir GO! Ich weigerte mich, zumal die mich wahrscheinlich schon am Schalter verhaften würden mit so viel Geld. Er sagte, er würde anrufen und Bescheid geben, dass das in Ordnung geht. Tatsächlich ging alles gut.

So, ich bin dann mit dem Geld auf dem Rücksitz nach Hause gefahren. Immer zu hörte ich Radio, wann denn die Nachricht über den Überfall auf den Geldtransporter kommen würde. So eine Meldung konnte nicht kommen, denn eigentlich bekam ich zwei E-Mails, woraufhin mir die Geschichte mit dem Überfall auf den Transporter einfiel. Der Rest ist aber real und erlebt. Diese 2 E-Mails hatten mich für einen Moment glücklich gestimmt.

Zwei Mails in Folge, die mich glücklich stimmten. 🙂

Bei der Online-Jobmaschine Stepstone hatte ich mal vor Jahren meinen Lebenslauf eingestellt. Seitdem bekomme ich täglich Angebote, wenn Geschäftsführer gesucht werden. Da ich die Zugangsdaten nicht mehr habe und ich mich mit so etwas ungern befasse, mache ich mir nicht die Mühe, mich da raus zu löschen. Das ist gleichzusetzen mit dem Lesen von Bedienungsanleitungen. Tue ich auch nicht.

Die  E-Mail direkt darunter kommt von Frau Schaeffler. Wer etwas mit der Wirtschaft befasst ist, wird sie kennen.

Eigentlich ist die E-Mail voller Fehler, aber anscheinend funktioniert das Geschäft, sonnst würde man die Millionen von Menschen nicht kontaktieren.

Da in meinem Blog das Wort „Spende“ einige Male vorkommt, sind die Internetbetrüger damit befasst, mir immer wieder frohe Botschaften zu schicken, dass die Menschen mir Millionen spenden wollen. Die Frau Schaeffler hat es darauf angelegt das Geld loszuwerden. Immer andere Absender schicken mir den Text unten. So, als ich heute Morgen um 7 Uhr in mein Mail-Account schaute, hatte ich einen Geschäftsführerposten und die Million, was mich so fröhlich stimmte, dass mir das mit dem Geldtransporter einfiel.

Das Internet ist schon seltsam und gefährlich. Was alles möglich ist, erlebe ich tagtäglich. Manchmal bin ich selbst der Absender der Mails, die mich erreichen. Da steht es, ich habe es an mich abgeschickt. Wie geht das? Wann soll ich das in welcher Absicht getan haben?

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