„Eine größere Krise haben wir nicht gesehen!“

Die Überschrift ist nicht von mir, sondern von einem, der es wissen muss, nämlich von dem Einzelhandelsriesen Abdullah Kiğılı, der praktisch in jedem Einkaufszentrum eine Filiale seines Mode-Labels hat.

Kiğılı gab dem türkischen Wirtschaftsmagazin Ekonomist ein Interview und sagte u. a. dass nur 50 Einkaufszentren noch funktionieren würden, die restlichen 450 hätten es sehr schwer. Hier einige Aussagen von ihm:

„Um den Mieter nicht zu verlieren, müssten die EKZ’s die Mieten über Umsatzprozente vereinbaren, andernfalls werden die Mieter kaum zu halten sein.“

„Die Mieter werden statt Verluste zu schreiben, die Läden schließen.“

„Im Einzelhandeln befinden wir uns in der schwierigsten Phase überhaupt. So eine große Krise wie wir heute erleben, hat es noch nie gegeben!“

Einen besseren Indikator, wie es um die Wirtschaft steht, gibt es nicht!

„Sie wissen, der Einzelhandel bringt den Produzenten mit dem Konsumenten zusammen. Einen besseren Indikator, wie es um die Wirtschaft steht, gibt es nicht.“

Erkl.: Herr Kiğılı ist in der Wirtschaftswelt der Türkei sehr angesehen. Sein Wort hat Gewicht und ist glaubwürdig. Er ist nicht gerade ein Gegner von Erdogan. Die Geschäftsleute seines Kalibers reden immer als letzte, wenn sie merken, es geht nicht mehr weiter. Sie verkünden nicht den Neuanfang, sondern das Ende.

Die Bevölkerung im Schuldensumpf

Der Einzelhandel steckt in der Schuldenkrise und das nicht erst seit 2019. Hatte die Branche noch Ende 2017 noch 13 Milliarden TL Schulden, so stiegen diese Ende 2018 auf 17,5 Milliarden TL und 2019 auf 25 Millarden TL. Eine Steigerung von 42,8%.

Eine Verdopplung der abgeschrieben Kredite

Laut Kiğılı betragen die Gesamtschulden der Branche 332 Milliarden TL. Er geht davon aus, dass die Schulden in 2020 weiter zunehmen werden. Eine Verdopplung der abgeschriebenen Kredite der Banken, die Branche betreffend, hätten sich in zwei Jahren verdoppelt.

Die Kaufkraft tendiert gegen null

„Die Kaufkraft der Bevölkerung tendiert gegen null. Auf einen gesunden Konsum zu hoffen ist derzeit utopisch. Können Sie mir bitte sagen, wie unter diesen Umständen der Einzelhandel sich erholen soll? Stirbt der Einzelhandel, stirbt die Wirtschaft.“

Auf die Frage, wie es mit dem Konsum ausschaut antwortet er:

„7 Millionen Familien haben ein monatliches Mindesteinkommen von 2.324 TL. Die Armutsgrenze wurde gerade mit 7.229 TL festgelegt. Also sind die Familien zum Hungern verurteilt. Die Beamtenfamilien stehen exakt halb so schlimm da. Hinzu kommen 8 Millionen Arbeitslose. Wie soll der Einzelhandel bei diesem Bild nicht meutern?“

Schulden, nichts als Schulden

„Ali versucht Veli seine Kappe aufzusetzen und rettet den Tag. Zum 24. Januar hatten die Bürger der Türkei 476 Milliarden TL Konsumentenkredite. Ca. 201 Milliarden davon sind Immobilienkredite, ca. 7 Mrd. TL Autokredite und 268 Mrd. TL für sonstiges. Über die Kreditkarten schulden die Menschen den Banken 116 Mrd. TL. Somit hat die Bevölkerung 600 Mrd. TL Schulden. Die Banken mussten unter diesem Umständen 150.882.000.000 TL an Krediten abschreiben. Dieses pechschwarze Bild können auch die hormonell beschönigten Wirtschaftszahlen der Regierung auch nicht mehr retten.“

ichmeinsgut.de: Danke Herr Abdulah Kiğılı. Endlich traut sich ein seriöser Geschäftsmann die Realität beim Namen zu nennen. Dieser Zustand ist nicht ein Ergebnis von gestern, sondern 18 Jahren Misswirtschaft mit beschönigten Zahlen. Man muss kein Prophet sein um vorauszusagen, dass es noch schlimmer kommen wird. Die Arbeitslosenzahlen steigen und es gibt keinen Grund warum sie nicht steigen sollten. Eine Umkehr ist momentan ausgeschlossen.

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