Türkei: 7 Millionen Menschen unter Hausarrest

Die Zahl der über 65 jährigen in der Türkei stieg in den letzten fünf Jahren um 17% auf 6.895.385 Personen (Türkstat, 2018). Machte diese Gruppe noch 7,7% der Bevölkerung aus, so waren es 2018 schon 8,5%. Diese Menschen dürfen in der Türkei seit Mitternacht, ab dem 22. März, ihre Wohnungen nicht verlassen. Herr Erdogan ist 66 Jahre alt!!! In Deutschland machen die über 65% jährigen 21% (Statista, 2019) der Bevölkerung aus. Also müssten 17,5 Millionen mit Ausgangsverbot belegt werden.

Eine Entscheidung, die für türkische Verhältnisse keine Vorsichtsmaßnahme darstellt.

Eine Entscheidung, die blödsinniger nicht sein kann. Wenn man weiß, wie stark der Familienverbund in der Türkei ist, weiß man auch, dass die Älteren zumeist mit der Familie, also mit den Jüngeren, zusammen in einem Haushalt leben. Was bringt es also, wenn diese Menschen das Haus hüten und die jüngeren als mögliche Träger des Coronavirus im Haus ein und ausgehen?

Was ist mit den RenterInnen, die noch arbeiten müssen?

Noch 2017 arbeiteten in der Türkei 420.000 RenterInnen weiter, weil sie nicht genug zum Leben hatten, oder der Großfamilie ihren Beitrag zusteuern mussten.

“Deutsche unter Hausarrest” könnte die böswillige Schlagzeile in Deutschland lauten

Schließlich sind die deutschen Residenten in der Türkei zu über 90% über 65 Jahre alt. Dazu schrieb ein guter Freund, deutscher Resident in der Türkei, folgendes im Facebook:

#Eingebuchtet!
#UNDnun?
” Gestern Abend kam es über uns auf dem Sofa: Schluss mit lustig, ihr bleibt ab Mitternacht hinter – ähem, nicht hinter Gittern, eher hinter euren Jalousien.
Als kreuzbrave Alte machen wir das.

Leider erließen, die für unser aller Gesundheit und Wohlergehen Verantwortlichen, keine Ausführungsbestimmungen.
Als erstmals in ihrem Leben Weggeschlossene ergeben sich Fragen über Fragen:

Wenn Hilfsbereite uns mit Futter vom Dorfbim versorgen, wie geht das? Müssen wir Unreinunrein trompeten, um den Abstand zu wahren?
Wie verfahren wir mit dem Wechselgeld, wenn ein Abstandsselfiehalter nicht vorhanden ist? Darf man sie überhaupt zum Tee an den Tisch bitten, oder zu einem Rakı.

Man liest täglich die höfliche Aufforderung, doch auf sich aufzupassen. Worauf denn? Damit niemandem so ein Virus in den Hals fliegt, weil es selber nicht mehr weiß, wo es noch hin soll?

Wie sollen wir Katzekatze erklären, dass sie ebenfalls das Haus nicht verlassen soll? Wo draußen doch der Muskelkater auf seine Freundin wartet? Ach so, ja, sie darf ja.

Wie machen wir das nur mit dem Müll? Wir sammeln Edelmüll aus Flaschen, Korken, Papier und allem, aus dem man noch etwas machen kann, in dem runden Behältnis, das ist aber achthuntert Meter weiter unten? Das Tütchen Übrigmüll lässt sich noch in die Tonne treten, die ist ja nur zwanzig Meter nahe.

Dürfen wir Hundhund, den schwarzen Aufpasser beim Nachbarn noch durchs Tor streicheln, der wartet darauf. Give me fife mit den Kindern? Verboten!

Ausfliegen? Die türkische Airline will uns nicht mehr, zu alt, Alter?

Fragen über Fragen, aber die altbewährte deutsche Presse wird uns weiterhin, unsere falschen Fragen auf die richtige Situation hin, nicht uninformiert lassen. Wir müssen sie nur lesen wollen…
Alles in allem eine SCH-limme Zeit…
Wir bleiben frisch, warten ab und trinken Tee…”

Das Coronavirus wird die Türkei mit diesen und weiteren unnützen Maßnahmen recht hart treffen, was auch die Anfangszahlen zeigen. Hoffen wir, dass die im Schnitt sehr junge Bevölkerung es alles gut übersteht.

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