Weltfrauentag und eine ewig 12 Jährige

Vor knapp einem Jahr brachte ich die Geschichte um Songül, die heute mitten unter uns lebt und im Kindesalter von 12 Jahren, das erste Mal vergewaltigt wurde. Gestern habe ich Ihr einige Fragen gestellt, zumal wir heute den Weltfrauentag haben.

ichmeinsgut.de: Songül, wieder haben wir den 8. März, was findest du gut und was schlecht an diesem Tag?

Songül: Es ist kein Tag zum feiern, sondern ein Tag um zu trauern. Die Geschichte hinter dem Frauentag ist eigentlich eine Tragödie. Und man sollte nicht nur einen Tag im Jahr an seine oder an alle Frauen denken, sondern jeden Tag. Wie unsere Großeltern sagten, liegt der Himmel unter den Füßen der Frauen .

ichmeinsgut.de: Was schleppst du nach den Geschehnissen von damals (s.u.) noch an Balast mit dir rum?

Songül: Das kann man nicht mit Sätzen erläutern, sondern man fühlt diesen Ballast im Kopf oder besser gesagt in der Seele . Und ich wünsche mir das kein anderer Mensch an dieser Art Schmerzen leiden muss.

ichmeinsgut.de: Wir werden zukünftig die Frauen und Mädchen, auf deine Erfahrungen basierend, bei Veranstaltungen, neu und anders zu initialisieren versuchen. Möchtest du noch was dazu sagen?

Songül: Ich denke das alle Frauen stark sind, sie wissen es nur nicht. Sie müssen endlich aufwachen und allen zeigen das sie gleich stark sind wie die Männer. In manchen Sachen sind Frauen sogar stärker. Diese Kraft ist in uns, wir müssen sie nur aufwecken. Ich wünsche ein besseres leben für allen Frauen auf der Welt, die unterdrückt werden . Leider werden immer noch Kinder und Frauen missbraucht. Ich möchte all denen einen Weg zeigen, sich selbst zu verteidigen, damit meine ich nicht physisch und ihre Rechte zu kennen . Ich möchte mit dem Erlebten und meiner Vergangenheit und meinem bisherigen Leben ein Beispiel dafür liefern, wie es klappen kann und wie man das Ganze anpacken bzw. angehen sollte.

ALS SIE DAS ERSTE MAL VERGEWALTIGT WURDE, WAR SIE 12 JAHRE ALT

Heute möchte ich Euch aus dem Leben einer mutigen Frau berichten, die heute in Deutschland lebt und eigentlich nur zwölf Jahre alt wurde.

Über eine Freundin habe ich Songül kennengelernt. Eine herzzerreißende Geschichte für unsereins, aber eine, die Songül damals fast aus dem Leben gerissen hat. Sie lebte damals mit ihrer Mutter in der Türkei, in Serik, nahe Antalya. Aus finanziellen Nöten heraus, musste sie mit 12 Jahren die Schule verlassen. Sie fing an, in einem Supermarkt zu arbeiten und schon war sie im Fokus des 25 jährigen Sohn des Ladeninhabers.

Mit der Zwölfjährigen passieren schlimme Dinge. Es dauert nicht lange und sie wird vergewaltigt. Das dauert über mehrere Jahre an. Fortan wird sie vom Peiniger in der Öffentlichkeit als leichtes Mädchen beschrieben. Das veranlasst Männer, die ihr Vater sein könnten, ebenfalls zu Dingen, die man mit einer Zwölfjährigen gefälligst nicht tun sollte. Sie erleidet körperliche und seelische Folter über Jahre. Als sie dann mit 15 Jahren schwanger wird, beschließt sie das Kind zu bekommen, Wohl gemerkt, ‘das Kind beschließt, das Kind zu bekommen’, Sie hofft, dass das Kind als eine Art Schutzschild dient, damit die körperliche Tortur wenigsten in der Zeit der Schwangerschaft und darüberhinaus, aufhört. Zwischenzeitig startet sie Versuche, gegen die Familie des Peinigers gerichtlich vorzugehen. Jedoch ist die Familie in der Gegend zu mächtig und sorgt dafür, dass alles unter den Tisch gekehrt wird.

Laut Songül, wurde diese Aufnahme, zufällig einige Tage vor der Tat gemacht.

Das Leiden von Songül findet kein Ende. Der Peiniger weigert sich die Vaterschaft anzuerkennen. Es kommt aber noch schlimmer. Der Onkel des Peinigers bietet sich als Vermittler an und vergewaltigt Songül ebenfalls. Zu der Zeit ist Songül im sechsten Monat schwanger.

Um ihr Neugeborenes zu ernähren, kellnert sie in einem Hotel-Restaurant. Dort lernt sie den späteren deutschen Ehemann kennen.

In Deutschland angekommen, O-Ton Songül: „Auf einmal merkte ich, dass eine Frau was wert ist und Rechte hat. Nun hat sie ein Ziel vor den Augen, sie möchte die Familie des Peinigers zur Rechenschaft ziehen, die ihr die Kindheit und eigentlich das Leben gestohlen haben.

In Deutschland arbeitet sie sich hoch und wird eine erfolgreiche und angesehene Geschäftsfrau.

Sie schafft es in der Türkei, in eine populäre Fernsehsendung, ähnlich Akte XY. Nach zwei Sendungen, bevor es für die Peiniger-Familie eng werden könnte, wird sie ausgeladen. Dabei standen die Chancen für eine Klage gut, zumal über die Sendung sich Zeugen meldeten.

Es kommt noch schlimmer. In den sozialen Medien wird verbreitet, dass Songül über die Sendung berühmt werden und Geld machen wollte. Dabei möchte sie nur Gerechtigkeit. Wer geht schon in die Öffentlichkeit und berichtet, wie sie vergewaltigt wurde.

Songül (44) hat schon lange eine schwere Krankheit, mit der sie auch noch fertig werden muss. Auch dagegen kämpft sie an. Großartig finde ich, dass ihre beiden Kinder ihr beistehen und sie in ihrem Kampf gegen die Krankheit, aber auch in Ihrem Kampf für Gerechtigkeit, unterstützen. Die Geschichte veröffentliche ich mit ihrem Einverständnis.

Damit kein falscher Eindruck entsteht, sie braucht keine finanzielle Unterstützung, denn sie ist gut versorgt. Sie möchte nur Gerechtigkeit.

Es existiert ein DNA Test. Der Vergewaltiger ist der Vater und soll auch gestanden haben, nur die Vaterschaft möchte er nicht anerkennen. Er genießt weiter das Leben, als ob nichts passiert wäre.

In der Türkei ist die Vergewaltigung der Mädchen, eher ein Kavaliersdelikt, zumal vor Gericht jedes Mal so dargestellt wird, als hätte das Mädchen selber eingewilligt. Die neuen Gesetzte erlauben mittlerweile ein schnelleres Heiraten mit dem Vergewaltiger.

Kaltstart X - Das Buch von Ahmet Refii Dener

Das könnte dich auch interessieren …