Wirtschaftliche Sanktionen gegen die Türkei wird es keine geben (können)

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Wer sich heute in Form von wirtschaftlichen Sanktionen gegen die Türkei spricht und dieses als ein Instrument sieht, um Erdogan in die Ecke treiben, hat nicht mitbekommen, wie es um die türkische Wirtschaft steht. Die türkische Wirtschaft liegt am Boden. Das Teile davon sehr gut funktionieren, weil es exportorientierte Unternehmen sind, u.a. sehr, sehr viele mit ausländischem Kapital, soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass es dem Rest richtig schlecht geht. Warum sonst bricht die Arbeitslosigkeit, bei einer auf dem Papier wieder wachsender Wirtschaft (letztes Quartal 2019 angeblich 6% Wachstum), immer weitere Rekorde? Ein Ende ist nicht in Sicht.

Erdogan halten ab jetzt nur noch die Krisen an der Macht.

Erdogan ist doch hauptsächlich wegen der schlechten Wirtschaftslage u.a. in Syrien einmarschiert. Die Bevölkerung soll vom eigenen Schmerz des Überlebenskampfes abgelenkt und unter der Kriegsfahne zum Schweigen gebracht werden, damit sie nicht Mut fasst und auf die Straße geht. Nun gut, dagegen hat er noch die bewaffneten Anhänger und die Nationalisten, die auf den Moment warten, dass sie sich zeigen können. Dann ist da noch sein Polizeiapparat, der noch nie so richtig gegen das eigene Volk agieren musste. Dass, was bei den Gezi-Demos war, das wird gegen das, was noch kommen kann, fast schon in Vergessenheit geraten.

Europa kann ihn nur reizen, dass er noch unberechenbarer wird.

Europa, und besonders Deutschland, haben den Zeitpunkt verpasst, zu dem sie ihn hätten empfindlich treffen können. Jetzt liegt die Türkei in wirtschaftlichen und größtenteils gesellschaftlichen Scherben. Jetzt auf die Verletzten zu treten, wo doch so viele Deutschtürken in Deutschland leben, würde nur noch mehr böses Blut geben, wo doch in Deutschland die Einheimischen sich nicht einmal grün untereinander sind.

Die seit Jahr und Tag fließenden EU und sonstigen Hilfen aus Deutschland zu stoppen, sieht zwar wie ein möglicher Weg zur Sanktionierung Erdogans aus, aber es sieht eben nur so aus. Die Probleme Erdogans sind viel größer als die 3, 4, 5, 6 Milliarden EUR, die ihm aus Europa zufließen könnten. Den Betrag kann er mittlerweile aus der eigenen Privatschatulle oder vom Katar-Connection stemmen. Immer höhere Steuern, wie er das gerade vorführt, tun es auch.

Wie gesagt, mit irgendwelchen Handlungen gegen ihn, kann man ihn nicht bestrafen und zur Raison bringen. Jede Handlung gegen ihn, stärkt ihn nur im Lande und verschafft ihm eine neue frische Haut für seine Opferrolle.

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Deutschland sind die Hände gebunden.

Oft schimpfen wir auf Frau Merkel und die Regierung, warum sie nicht härter gegen Erdogan vorgingen. Die Antwort ist einfach, denn es gibt einfach keine Mittel. Fast 7.000 Unternehmen mit deutschem Kapital gibt es in der Türkei. Es werden aber auch die Unternehmen als ‚Deutsch‘ gezählt, die von Türkeistämmigen aus Deutschland gegründet und inaktiv sind, wo lediglich der Firmenmantel existiert. Selbst wenn man von zweitausend Unternehmen mit deutschem Kapital ausgehen würde, findet man darunter das „Who is who“ bzw. das „Creme de la Creme“ der deutschen Wirtschaft wieder. So kommen wir wieder an den Punkt, dass Geld die Welt regiert.

Die deutsche Wirtschaft würde schwanken, wenn es den deutschen Unternehmen in der Türkei auf einmal, durch eine Handlung nach Art des Hauses Erdogan, schlecht gehen würde.

Deutschland und Türkei sind eng verflochten

Sowohl gesellschaftlich, wegen der vielen Türkeistämmigen in Deutschland, als auch wegen der vielen deutschen Unternehmen in der Türkei, die einen Teil der erfolgreichen Exporte deutscher Unternehmen im Heimatland ausmachen, sind der deutschen Seite die Hände gebunden. Geld regiert die Welt und da muss man vorsichtig sein mit vorschnellen Handlungen und Sanktionierungen.

Du kannst es gut finden, oder nicht, aber die Devise bei allen Überlegungen heißt: „Economy First“

Immer öfter und noch längere Zeit werden wir uns über die Handlungen des Herrn Erdogan ärgern, denn die Opferrolle wird ihn noch einige Zeit an der Macht erhalten. Nur mit einem Unterschied, er muss immer größere Brandherde schaffen. Die Bevölkerung ist derzeit zwar mit gemischten Gefühlen, aber doch unter der Kriegsfahne vereint. Wie sagen viele Türken im Internet: „Klar ist er ein Idiot, der uns nur Unheil bringt, aber es sind unsere Soldaten, die in Syrien kämpfen, also muss ich hinter denen stehen!“ und folglich hinter Erdogan.

Er weiß nicht mehr weiter!

Stellt euch auf andere Willkürakte ein. Solange die USA nicht auf den Knopf drücken und sagen: „Mission completed, he can go!“, wird er uns erhalten bleiben und uns um die Nase herumführen.

Deutschland hat noch mehr Baustellen als Erdogan.

Auf Anhieb fallen uns Antisemitismus, Rassismus, AfD, Nazis, Ultra Linke wie Rechte ein. Dank der vielen Islamversteher in Deutschland werden die diesbezüglichen Probleme im Land von Tag zu Tag mehr. Hinzu kommen die türkischen Nationalisten, die in Deutschland besser organisiert sind als in der Türkei. Das war auch bei der PKK und Milli Görüs, wo Erdogan seine Laufbahn begann, genauso. In Deutschland kann neben dem jahrelang mühselig erarbeitetem, auch das Böse, schön und allmählich wachsen und gedeihen. Natürlich unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes.

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