Louis von Kamphövener Pascha und die Stadt der sieben Hügel

»Die Stadt Constantins, dieser schönste, von der Natur so göttlich verschwenderisch ausgestattete Erdenfleck, der herrlichste des Orients, mit dem selbst Kairo nicht in Wettstreit treten kann, besteht eigentlich aus drei großen Städten, die durch den Bosporus und das Goldene Horn getrennt sind. Letztgenanntes, der sichere Hafen, der hornförmig ins Land einschneidet, erwarb sich diesen Namen, weil die zahlreichen Schiffe, die von Alters her Anker in ihm warfen, die goldenen Schätze des Orients und Okzidents einbrachten. […]

Byzanz, die Stadt der sieben Hügel, die mit herrlichen Moscheen bekrönt sind, beherbergt in dem ›Istambul‹ der Türken die Muslime; gegenüber von Stambul, durch zwei Brücken, darunter die berühmte Galatabrücke, verbunden, liegt die unschöne Schifferstadt Galata mit ihren Harems wildester Qualität. Von ihr steigt man hinauf zur Höhe von Pera, zu der eine moderne Tunnelbahn, aber auch eine interessante Treppenstraße, deren Erklettern Schweiß fordert, hinaufführt.

Pera, mit dem türkischen Namen Beyoğlu, das heißt Sohn des Beys, der sich dort zuerst anbaute, birgt die Wohnstätte der alten Genuesen und Venezianer mit dem Galata-Turm und einer langen, durchführenden, sich oft verengenden und weitenden Straße, in der zahlreiche Läden Europas Schätze und auch seinen wertlosen Kitsch feilbieten. Alle Nationen treten hier in Wettbewerb.

Pera ist der Wohnort des internationalen Durcheinanders von Griechen, Levantinern, Europäern aller Sprachen sowie der Botschafter, Gesandten und Konsulen. Hier haben auch wir, nahe der deutschen Botschaft, gegenüber der Artilleriekaserne, auf der Höhe von Ayaspaşa, lange Jahre ein hübsches, einem Engländer gehörendes, Heim bewohnt — mit herrlicher rückwärtiger Aussicht über den Bosporus hinüber zum Marmarameer und dem oft schneebedeckten Asiatischen Olymp.«

Louis von Kamphövener Pascha, 1842 in Schleswig geboren, lernte nach eigenem Bekunden in den siebenundzwanzig Jahren, die er als Adjutant Sultan Abdülhamids II. und Angehöriger der osmanischen Armee seit 1882 in Konstantinopel beziehungsweise am Hof des Padischahs verbrachte, die Türken, ihre Sitten und Bräuche, das Land und seine reiche Kultur schätzen und lieben. Er lernte einigermaßen flüssig osmanisch zu sprechen und trat den Menschen in der Türkei in – für seine Zeit – bemerkenswerter Offenheit gegenüber.

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Es war üblich, dass die europäischen Monarchen zu verwandten oder verbündeten Herrschern Adjutanten als besondere Bindeglieder neben den diplomatischen Vertretern entsandten; dass jedoch ein persönlicher Adjutant fast dreißig Jahre lang auf seinem Posten verblieb, ist eher ungewöhnlich und zeugt durchaus von gegenseitigem Vertrauen sowie auch persönlicher Wertschätzung zwischen Sultan Abdülhamid II. und von Kamphövener Pascha. Er nahm nach der Absetzung ›seines Sultans‹ im Frühjahr 1909 noch an der Schwertgürtung Sultan Mehmed V. (Mehmet Reşad) in Eyüp teil und schied danach aus dem Dienst des Padischahs sowie der osmanischen Armee aus, um nach Deutschland zurückzukehren. Louis von Kamphövener Pascha verstarb 1927 in Hannover.

Text © 2020, Thomas Weiberg

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