Fallen lassen wie eine heiße Kartoffel – Drop somebody or something like a hot potato

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Gerade mal sieben Jahre nach dem Krieg war es soweit. Deutschland exportiert seit 1952 durchgehend mehr, als sie importiert. Ich weiß, unglaublich aber wahr. Die deutsche Wirtschaft wächst seit dem hauptsächlich auf den Export basierend. Die Exporte sind der Motor der deutschen Wirtschaft. Klar wird es zeitweilig böse aussehen, wenn die Exporte mal, wie z.B. durch einen Lockdown, an Fahrt verlieren, aber seit 68 Jahren mehr exportiert zu haben, als importiert, bedeutet zwangsläufig Rücklagen und Substanz.

Bitte jetzt nicht wieder damit kommen, dass ich ja schon wieder Deutschland als Maßstab genommen habe, wo es doch um die Türkei geht. Wie sagen der Alleinherrscher und seine Anhänger? „Deutschland beneidet uns?“

Die Exporte fangen im Durchschnitt 60-70% der Importe auf

In der Ära Erdogan gab es, bis auf 2019 und 2020 niemals eine bessere Quote. Dass die erwähnten zwei Jahre, wobei wir bei 2020 gerade mal die Hälfte durchhaben, die Importe zu 85% von den Exportumsätzen aufgefangen werden können, hat den Grund darin, dass die türkische Wirtschaft fast stillsteht. Wer nicht viel exportiert, muss auch nicht viel importieren. Es ist also keine Erfolgsgeschichte, sondern ein Bild der schlechten Lage.

Die Importabhängigkeit der Türkei stelle ich fast jeden Monat mehrmals raus. Möchte die Türkei weiterkommen, muss diese Abhängigkeit gesenkt werden.

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Auf der anderen Seite muss man sich fragen: „Ist das überhaupt erwünscht?“

Wenn man betrachtet, was die Tanztruppe um Erdogan sagt, könnte man glauben, dass sie tatsächlich gegen die hohen Importe kämpfen wollen. Das bleibt aber letztendlich nur beim Gesagten, denn handeln tun sie genau entgegengesetzt. Sobald einer der ihren daran verdienen kann, senken bzw. streichen sie die Zölle, befreien von der MwSt. oder gar subventionieren sie einige Importe, wobei das die letzten zehn Jahre kaum mehr vorgekommen ist. Gerade hat die Stadt Nigde, Kartoffelstadt Nr. 1 der Türkei, Kartoffeln aus Ägypten importiert, weil günstiger. Nicht jetzt denken, es würde Knappheit bei Kartoffeln herrschen. Die Kartoffeln der türkischen Produzenten vergammeln im Lager und irgendeiner verdient dabei das große Geld. Zufällig kaufte ich in einem deutschen Supermarkt ebenfalls ägyptische Kartoffeln. Die waren von sehr guter Qualität. Wenn ich die Import-Kartoffeln in der Türkei anschaue, bin ich überrascht, wie schlecht diese ausschauen. Klar, bei günstig muss man Abstriche in der Qualität machen.

Wie wächst die türkische Wirtschaft im Allgemeinen?

Jedenfalls nicht wie die deutsche Wirtschaft hauptsächlich auf Export und Produktion von High-Tech basierend. Die Bautätigkeit im Lande, seitens der privaten Wirtschaft und durch den Staat zeigt uns, falls möglich, ein Wachstum auf dem Papier. Nur, weder die Zahl der produzierenden Betriebe, noch die Arbeitsplätze nehmen dabei zu. Ganz im Gegenteil, denn da man viel günstiger importieren kann, schließt man die Betriebe. Eigentlich merkt man während dieser Beschreibung der Lage, wie unmöglich eine Umkehr, weg von den Importen, ist.

Hat der Unternehmer seinen Betrieb verkauft, oder stillgelegt, entsteht Bauland und schon wird kräftig gebaut. Diese Investitionen in der Bauwirtschaft, werden zahlenmäßig dem wirtschaftlichen Wachstum drauf addiert. Die Folge, ein Wirtschaftswachstum auf dem Papier in Form von Beton. Die Folge kann nur mehr Arbeitslosigkeit sein.

Versetze dich in die Lage eines Ex- oder angehenden Industriellen!

Du hast Spielgeld und möchtest in der Türkei in einen Produktionsbetrieb investieren und diesen neu erschaffen. Schon suchst du nach den Anreizen, warum du dieses tun solltest. So ganz ohne Importe von Energie, Teilen, Halbfertigerzeugnissen u.a. wird es nicht gehen. Der Importanteil der Exportwaren aus türkischer Produktion soll laut dem ehem. Präsidenten Abdullah Gül bei 81% liegen. Die Zahl nannte er, als er den Finger, auch auf diesen wunden Punkt der Importe drückte.

Während du nach den Investitionsanreizen suchst, damit meine ich nicht evtl. Fördergelder, die du einmalig bekommen könntest, fallen dir die Devisenkurse auf, die tendenziell immer nach oben gehen. Bedeutet, würdest du eine Produktionsstätte aufbauen, würde es dir immer schwerer fallen, zu kalkulieren. Die teuren Devisen würden bei den Importen deine Marge auffressen.

Dann noch der Markt. Der Konsum steht schon bald über zwei Jahre, nichts geht mehr. Die Gelder aus dem Zwischenhandel, der Großhändler oder durch den Einzelhandel fließen, wenn überhaupt, in drei bis 12 Monaten zurück. Diese Phasen musst du aussitzen können, sonst bist du eher pleite als deine Kunden. An dieser Stelle muss ich erwähnen, damit es nicht allzu negativ klingt. Wer in der Türkei für die Exportmärkte produziert, kann am Standort Türkei richtig Spaß entwickeln.

Der potentielle Investor denkt nach!

Er holt sich Angebote aus dem Ausland für das Produkt, was er herzustellen gedachte und dafür ein Werk aufzubauen bereit war. Sobald die Angebote reintrudeln merkt er, er braucht das fertige Produkt nur zu importieren und er hätte ein kalkulierbares Risiko zu tragen. Importieren, wenn die Nachfrage da ist und wenn die Devisenkurse Gewinne durch den Verkauf der Ware erlauben, oder seinlassen, wenn die Vorzeichen nicht passen. Also lässt er das sein, mit der Investition in ein neues Werk und wird zum Importeuer des betreffenden Produktes.

Schon sind wir wieder da, wo wir waren!

Ihr merkt, dass die Slogans wie „Weg von den Importen, hin zu einheimischen Produkten!“ nur Märchen sind und in der Realität nicht umsetzbar – nicht mehr umsetzbar. Diese Abhängigkeit bedeutet Unfreiheit. Wie lange möchte man auf die strategisch wichtige geopolitische Lage setzen, oder Erpressungsversuche mit den Flüchtlingen starten um Gegengewichte zu schaffen. Abhängigkeit bedeutet Abhängigkeit, daran führt kein Weg mehr vorbei.

 

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