“Der Patient gibt nicht zu, dass er krank ist!”

Diesen Satz hat der ehemaliger Minister der AKP, jetziger Parteichef der neugegründeten DEVA (Demokratie und Vorstoß Partei), Ali Babacan gestern im Fernsehinterview von sich gegeben. Babacan war in den Jahren, wo heißes Kapital in die Türkei floss, wo die ausländischen Direktinvestitionen von 1 Mrd. USD im Jahr auf 20 Mrd. USD stiegen, für die wirtschaftlichen Geschicke des Landes verantwortlich.
“Der Patient gibt nicht zu, dass er krank ist, also kann man ihn unmöglich heilen!”
Treffender hätte man es nicht ausdrücken können. Die aus der Tanztruppe des Herrn Erdogan reden dieser Tage, bei ihren TV Auftritten, vom Höhenflug der türkischen Wirtschaft. In dieser Zeit ist die türkische Lira auf einem Rekordtief und wird immer wertloser.
Im Interview sagte er auch, dass das Pro-Kopf-Einkommen (nominal wohlgemerkt und nicht vom Kaufkraft her) von ca. 3.500 USD in 2002 bis auf 12.000 USD kletterte (was so nicht ganz stimmt, weil eine andere Formel angewandt wurde. Es bewegte sich immer knapp unterhalb der 10.000 USD Grenze). Mittlerweile wäre man bei der vorhandenen Wirtschaftsleistung bei 7.000 USD angekommen. Dass ein Land sich bei dieser Entwicklung nicht als Patienten sieht und von Höhenflügen der Wirtschaft redet, könne er nicht verstehen. Wer gescheit ist, kann es auch nicht!
“Wir haben viele Krisen überstanden und sind diesen schnell enteilt!”
Auch ein Satz, wo man ihm nicht widersprechen kann. Das Wort ‘Krise’ könnte auch ‘Türkei’ heißen, denn das Leben geht hier mit den Krisen einher. Tatsächlich erholt sich die türkische Wirtschaft von jeder Krise sehr schnell, zumal der Trieb der Menschen, Geld auszugeben und über ihre Verhältnisse zu leben, immer gegeben ist und auf Stand-By steht. Die Grundbedingung zur Heilung bleibt! Der Patient muss sich als solches akzeptieren.
Nicht nur, dass der Kranke sich nicht als Kranken sieht, nennt er als Grund, dass es so keine Rettung geben kann, sondern auch die Tatsache, dass früher Leute am Ruder waren, die von der Wirtschaft was verstanden. Heute wären diese Stühle (fast) allesamt, von Leuten der Tanztruppe (mein Begriff dafür), im Rahmen der Vetternwirtschaft, besetzt. Die wenigen Guten, die das Handwerk beherrschten, würden unter den Unfähigen untergehen und nichts bewirken können.
Jetzt soll nicht der Eindruck entstehen, dass ich ein Anhänger von ihm bin. Er war einer, der am wenigsten die Unwahrheit sagte und eher schwieg, um nichts Unwahres zu sagen. Er beherrscht das 1 x 1 der Wirtschaft. Leider wird er mit seiner Partei kaum über die 10% Hürde kommen können und so eher die aus dem letzten Loch pfeifende AKP stärken.
Hier das Interview auf Türkisch.