Eine Geschichte über Rassismus

Rassismus? Bei schwarzweiß Filmen konnte man schwarz und weiß besonders herausstellen.
“Billie Holiday nahm ihre ersten beiden Platten im Jahr 1933 auf. Berühmt wurde sie allerdings erst ab 1935, als sie damit anfing, mit dem Pianisten Teddy Wilson zusammenzuarbeiten. Spätestens ab 1938 war sie ein Superstar und galt als die beste Jazzsängerin der Vierziger Jahre.”
Ein Gastbeitrag von Emrah Erken, Rechtsanwalt, Zürich
Im Jahr 1947 – in einem Zeitpunkt also, als Billie Holiday längst Superstar-Status hatte – spielte sie in ihrem einzigen Spielfilm. Der Name des Films: New Orleans. Im Film New Orleans geht es um die mythische Verbreitung der Jazz-Musik, als 1918 die Behörden das Rotlicht- und Vergnügungsviertel Storyville schlossen, worauf viele Musiker sich an andere Orte begeben haben, womit das Jazz-Virus überall im Lande und auf der Welt verbreitet wurde. Die Realität ist freilich etwas komplizierter, aber das ist eine andere Geschichte.
Jedenfalls spielten im Film einige der damals bekannten Jazz-Größen mit, darunter auch Billie Holiday und Louis Armstrong. Die Musiker haben allerdings keine Hauptrollen. Es sind weiße Schauspieler, deren Namen heute anders als die Musiker längst in Vergessenheit geraten sind. Superstars waren diese Schauspieler allerdings damals schon nicht. Die weibliche Hauptrolle spielte etwa Dorothy Patrick, die im Film kurz vor der Schließung von Storyville nach New Orleans kommt und in einer Villa ein Zimmer bezieht. Dort betritt ein schwarzes Dienstmädchen ihr Zimmer und erzählt von Jazz und von Louis Armstrong. Am Abend würde er auftreten und ob sie Lust hätte, das zu sehen. Das Dienstmädchen ist Billie Holiday, im richtigen Leben ein Superstar mit Diva-Status und kein Nobody wie Dorothy Patrick.
Jedenfalls willigt Dorothy Patrick ein und in der nächsten Szene ist die völlig verwandelte Billie Holiday zu sehen, die im prächtigen und eleganten Abendkleid aus dem Auto steigt, um im Club neben Louis Armstrong ihren Auftritt zu haben. Die Verwandlung des Dienstmädchens in eine Königin wird im Film nicht erklärt. Hier ist ihr Lied, das man sich auch aus musikalischen Gründen anschauen muss. Eine Filmaufnahme von Billie Holiday und Louis Armstrong zusammen ist schon etwas ganz Besonderes.
Die Filmemacher mussten sich hier ganz offensichtlich eine Konstellation ausdenken, bei der eine schwarze Frau und eine weiße Frau im realen Leben ein Gespräch haben könnten und es kam ihnen nichts anderes als in den Sinn, hier eine Szene mit einer noblen Hausherrin und niederen Bediensteten herzustellen. Eine andere denkbare Situation, bei der eine schwarze Frau einer weißen Frau etwas über Jazz erzählen könnte, gab es offenbar nicht. Wo sollten sich schwarze und weiße Menschen denn sonst getroffen haben, wenn nicht in dieser Konstellation?
Es ist bekannt, dass Billie Holiday über diese Behandlung im Film furchtbar gekränkt war und deshalb auch nie wieder in einem Film mitspielte. Wenn ich heute mir den Film anschaue, den ich natürlich habe, sehe ich mir ausschließlich die Songs an, weil der Rest kaum auszuhalten ist.
Das war nur eine der vielen Episoden im Leben von Billie Holiday, bei der sie triefendem und Ekel erregenden Rassismus begegnet war. Als sie 1938 beim weißen Swing-Orchester von Artie Shaw sang, musste sie die Lokalitäten jeweils über den Lieferanteneingang betreten. Es gibt Dutzende solcher Geschichten, die ich bestens kenne, weil ich mich jahrelang mit dieser Frau und ihrer Musik auseinandergesetzt habe. Wenn ich ihr Leben vor den Augen habe und betrachte, was heute mittlerweile als Rassismus bezeichnet wird, muss ich gestehen, dass mich das stückweit sogar verletzt…
Hier geht es zum Film: New Orleans (1947)
New Orleans ist ein amerikanischer musikalischer Liebesfilm von 1947mit Billie Holiday als singende Magd und Louis Armstrong als Bandleader. Die unterstützenden Spieler Holiday und Armstrong treten gemeinsam auf und porträtieren ein Paar, das sich romantisch engagiert. Während eines Songs stellt Armstrongs Charakter die Mitglieder seiner Band vor, ein virtuelles Who is Who klassischer Jazzgrößen, darunter den Posaunisten Kid Ory , den Schlagzeuger Zutty Singleton , den Klarinettisten Barney Bigard , den Gitarristen Bud Scott , den Bassisten George “Red” Callender und den Pianisten Charlie Beal und der Pianist Meade Lux Lewis. In dem Film treten auch der Kornettist Mutt Carey und der Bandleader Woody Herman auf . Die Musik tritt jedoch in den Hintergrund einer eher konventionellen Handlung. Die Filmstars Arturo de Córdova und Dorothy Patrick zeigen Marjorie Lord und wurden von Arthur Lubin inszeniert . (Quelle: New Orleans monatliches Filmbulletin; London Vol. 15, Iss. 169, 1. Januar 1948)
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