2 Jahre Haft und die Aberkennung der Bürgerrechte, weil er die Rechtschreibung verfälschte

In der Türkei kannst du deine Bürgerrechte verlieren und in Haft kommen, wenn du eine Abkürzung falsch schreibt. Das türkische Parlament heißt seit der Gründung der Republik Türkei in 1923, Türkiye Büyük Millet Meclisi, was wiederum übersetzt, ‚Das große Parlament des türkischen Volkes‘, heißt. Hierbei geht es um die Abkürzung, nämlich TBMM. Der türkische Star-Kolumnist und -Journalist, der schon lange gegen Erdogan dem Prächtigen argumentiert und schreibt, hat in einer seiner letzten Kolumnen die Abkürzung des Parlamentes als Tbmm geschrieben und das immer wieder. Das wäre ungefähr so, als wenn ich ständig ‚Der Deutsche bundestag“, also bundestag immer am Anfang klein schreiben würde.

Auf die Kolumne folgte die Anzeige bei der Staatsanwaltschaft

Schon am Tag der Veröffentlichung der Kolumne passierte es, dass eine Anzeige gegen ihn erstattet wurde. „Wegen Herabwürdigung des türkischen Parlamentes“ Die Höchststrafe dafür liegt bei zwei Jahren und außerdem sollen ihm ein Teil seiner Bürgerrechte aberkannt werden. Er darf im Falle einer Verurteilung nicht mehr wählen und gewählt werden.

Ich möchte Euch sinngemäß wiedergeben, was er in der o.g. Kolumne schrieb. In der Kolumne geht es, jetzt haltet Euch fest, nämlich darum, was ihm wegen der falschen Schreibweise vorgeworfen wird, um die Herabwürdigung des türkischen Parlaments durch Diebe, Räuber, oder sagen wir einfach, durch Nepper, Schlepper, Bauernfänger.

Die besagte Kolumne

Es geht damit los, dass die Präsidenten der Rechtsanwaltskammern der Türkei nicht ins Parlament reingelassen wurden.

„Klar, dass die Präsidenten der Rechtsanwaltskammern das Parlament nicht betreten dürfen. Die Diebe dürfen aber rein. Die Kantine des Parlaments haben sie um die Kasse erleichtert und es kam raus, dass die dort angestellten Kellner und Kellnerinnen, vom Staat bezahlt, aber in privaten Restaurants beschäftigt wurden. Es kam raus, dass die Gerichte, die in der Parlamentskantinenküche gekocht wurden, in Restaurants der Stadt Ankara auf dem Menü standen und dorthin geliefert wurden. Sogar die Ketchupspender wurden entwendet. Auch die Kasse aus den Teeverkäufen haben sie entwendet. Jetzt nicht denken: „Das kann ja nicht viel sein!“ Doch, es werden 10 Millionen Gläser im Jahr Tee getrunken im Parlament. Die Einnahmen hieraus wurden durch eine Gruppierung untereinander geteilt. Dass es herauskam, hatten den Grund darin, dass einige mit ihren Anteilen nicht zufrieden waren. Es kam raus, dass man besonders hinlangte, als Hygieneartikel für das Parlament gekauft wurden. Zu überhöhten Preisen wurden Überwachungskameras gekauft. Stell dir vor, die Teile, die eigentlich die Diebe daran hindern sollten, dass sie nicht stehlen können. Die im Parlament befindliche Niederlassung der Vakifbank wurde ausgeraubt. Es wurden 150 Bankkarten entwendet. Die Spendenbox für Leukämie kranke Kinder in der Kafeteria war auch auf einmal weg. Im Presse-Office verschwanden die Notebooks. Was alles aus den Taschen und Büros von Abgeordneten gestohlen wurde, kann man nicht aufzählen. Zu lang ist die Liste. Abgeordnete, die 5 Tage im Krankenhaus lagen und 266 Tage Krankenhaustagegeld in Rechnung stellten, von denen gibt es sehr viele. Es gibt Abgeordnete, die behaupten alle zwei Monate eine neue Brille zu benötigen, oder Implantate für alle 32 Zähne machen lassen. Es wurde eine Art Hilfsbeitrag von den Gehältern des Parlamentsangestellten erhoben und  einem Hilfsfond zugeführt, nur wohin die 11 Millionen TL von dort aus zugeführt wurden, konnte nicht mehr festgestellt werden. Es stellte sich heraus, dass der mit einer besonderen Auszeichnung versehene Verein unter dem Dach des Parlamentes ebenfalls gestohlen hatte. Unter dem Dach der Tbmm werden die Immunitäten von Oppositionellen aufgehoben und diese ins Gefängnis gesteckt. Die Abgeordnete, die nachweislich wegen vielen Vergehen aber verurteilt wurden, dürfen jederzeit ins Parlament. Denn sie erfüllen die Standards. Einer, der schon wegen 26 Vorfälle  verurteilt wurde, wegen 55 sonstiger Vergehen angezeigt aber nicht verurteilt werden konnte, so einer durfte ins Parlament, um dem Parteivorsitzenden der Sozialdemokraten einen Faustschlag zu verpassen. Wenn man das alles zusammenzählt, finde ich es gut, dass die Rechtsanwaltskammerpräsidenten nicht ins Parlament gelassen wurden. Es würde auch keinen Sinn machen, wenn sie reinkämen, denn die Anwaltsroben haben zugenähte Taschen. Wie soll da ein Dieb reingreifen? Geht gar nicht. Dennoch, es besteht ja noch die Möglichkeit zwei anonyme Zeugen zu benennen, die dann bezeugen, dass die Rechtsanwälte die Bankfiliale im Parlament ausgeraubt hätten.“

ARD: Ihr merkt schon, dass man das türkische Parlament in Kleinbuchstaben schreibt, ist das Mindeste und wird dem Gesamtbild gerecht. Eigentlich müssten die meisten, die sich darin aufhalten, wegen Herabwürdigung des türkischen Parlamentes, dabei kann man auch das Wort „HERABWÜRDIGUNG“ in Großbuchstaben schreiben, anzeigen und verklagen.

Hier geht es zur Kolumne von Özdil in Türkisch

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