Wer kennt die Inzidenzzahlen der Hoffnungslosen?

Die sieben Tage Inzidenz der neu hinzugekommenen Hoffnungslosen stieg in Musterhausen auf über Zehntausend Personen. Somit sind touristische Reisen in die Ortschaft nicht erlaubt, was wiederum neue Hoffnungslose schafft. So ist das dieser Tage. Die Pandemie bestimmt unser Leben.

Der Kommandant inspiziert die Soldaten, die in vorderster Front stehen. Eisige Kälte, es herrschen Minustemperaturen und das Schneetreiben wird nicht weniger. In dieser klirrenden Kälte geht er zu einer Gruppe von Soldaten, die Wache schieben, die nicht die nötige wärmende Kleidung tragen und sagt: „Soldaten, Ihr müsst frieren bei dieser Kälte und Schnee, dann noch mit dieser dünnen Bekleidung?“ „Wir sind daran gewöhnt!“ sagen die meisten.

„So geht das nicht, ich werde Euch wintergerechte Kleidung schicken, die Euch besser vor der Kälte schützt!“ sagt der Kommandant.

Als er sich dann wieder im Warmen aufhält, vergisst er die Soldaten und sein Versprechen, ihnen warme Anziehsachen zu schicken.

Am nächsten Tag findet man die toten Soldaten, vor Kälte erstarrt. Es sind aber nur die, mit denen der Kommandant sprach. In das  Eis gekratzt findet man dann etwas, was einer der Soldaten kurz vor dem Tod schrieb: „Die Kälte konnte uns nichts anhaben, daran hatten wir uns gewöhnt, aber Ihr Versprechen, uns etwas Warmes zum Anziehen zu schicken, brachte uns den Tod!“

Selbstverständlich bringt ein klares „Ja!“ die Menschen weiter, aber auch ein klares „Nein“. Solange der Mensch Hoffnungen hegt, verändert er sich, ohne es zu merken. Er entwickelt Gedanken und Hoffnungen, die derjenige, der etwas versprochen hat, sich niemals vorstellen und denken kann. So stirbt am Ende die Hoffnung, dem folgen die Liebe, die Achtung, das Vertrauen… Die Freundschaften gehen zu Bruch und die Kommunikation bricht ab. Biiiiiiiep!

In Anlehnung an diese Geschichte könnte man eine neue schreiben. Vor einem Jahr brach die Pandemie aus. Ohne ermessen zu können, was falsch oder richtig ist, sind von der Regierung Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden. Der Kommandant, nennen wir ihn Peter Altmaier, sagte am 10. März 2020: „Wir wollen, dass möglichst kein Unternehmen in Deutschland nur aufgrund der Corona-Epidemie in die Insolvenz gehen muss“ und legte, wie die anderen Kommandeure anderer Bataillonen, die Stoiber, Müller, Laschet, Kretschmer usw. heißen, nach. Es wurden statt warmer Kleidung, wie in der Geschichte oben, Soforthilfen versprochen, die jedem Unternehmer, der es nötig hat, schnellstmöglich zukommen sollte. Es wurden, besonders unter den Solounternehmern, zu denen ich auch gehöre,, Hoffnungen geschürt, die dann entweder nicht eintraten, oder weil die Politiker nicht vom realen Leben entsprungen waren, entweder ein Tropfen auf dem heißen Stein waren, oder einfach einige, die die Hilfen dringend nötig hätten, gänzlich verfehlt wurden.

Ich frage nicht für mich, sondern für einen Freund…

Früher, als ich Lingerie als Großhändler verkaufte, hatte ich einen angeschlossenen Einzelhandel. Dort erlebten wir oft, dass Frauen reinkamen, denen entweder die große oder zu kleine Oberweite peinlich oder einfach unangenehm waren und immer mit dem Satz anfingen: „Ich möchte meiner Freundin ein Geschenk machen und da sie in etwa meine Größe trägt, würde ich gerne einige Modelle anprobieren.“

Mir ist es nicht peinlich. Ich möchte jetzt nicht damit kommen, dass ich sage, dass ich einen Freund hätte, der wegen der Pandemie, wirtschaftlich dieses und jenes erlebt und so nicht mehr überleben kann. Die Beispiele gibt es in meinem Umfeld natürlich zuhauf, aber soweit muss ich nicht schauen, sondern nur in mich kehren. Ich bin als Solounternehmer ein Paradebeispiel. Meine Hauptberatungskunden waren zuletzt die Airlines. Schon die Überschrift: „Marketingberatung für Airlines“ kann man in die Mülltonne schmeißen. Welcher der Fluggesellschaften fliegt schon nach einem festen Flugplan? Neunzig Prozent der Maschinen sind am Boden und wer von den Airlines fliegt, braucht keine Werbung. Wozu denn auch, wenn sie nicht einmal einen längerfristigen Flugplan haben, an den sie sich halten könnten. Jetzt kommt noch das Sahnehäubchen dazu: „Flugverbot aus Hochrisikogebieten.“ Die nächste Einnahmequelle von mir waren die Lesungen vor Publikum, wo ich anschließend mein Buch verkaufen und signieren konnte. Geht auch nicht mehr. Online brachte es nicht den Erfolg und auch kann ich nicht dabei aufblühen, wie vor Publikum. Ich brauche Menschen um mich.

Wo lebe ich eigentlich?

Bei den versprochenen Soforthilfen oder Hilfen, falle ich durch das Raster. Mich scheint es gar nicht zu geben. Mir scheint, dass ich mit meinen unternehmerischen Sorgen mich in einem Paralleluniversum befinden muss und nicht in Deutschland.

Klar, nach neuen Umsatzbringern zu suchen gehört zum Tagesgeschäft und das nicht erst seit der Pandemie, aber was läuft noch, woraus ein Geschäft entspringen könnte. Du wachst auf und fängst zu grübeln an. Dabei spielt es keine Rolle, ob Wochenende oder Werktags. Grübeln geht 7/24. Den Schmerz kannst du evtl. lindern, wenn du nicht auf den Kalender schaust und merkst, dass wieder ein Monat zu Ende ist. Im Februar dauert der Schmerz nicht so lange wie sonst, denn hinten fehlen drei Tage.

Auch die Taktik, dass man mit einem Hammer auf den dicken Zeh hauen soll, damit man den Zahnschmerz nicht mehr spürt, funktioniert nicht. Soll ich mich besser fühlen, dass es evtl. anderen noch dreckiger geht? Klar, nach zwei Kathetereingriffen weiß ich auch, dass Gesundheit alles ist, aber den Spruch: „Hauptsache gesund!“ mag ich auch nicht mehr vorgehalten bekommen. Wo bleibt die Lebensqualität? Bin ich hier, nur um zu überleben?

Gestern ertappte ich mich dabei, dass ich meiner Lieblingseisdiele in Aschaffenburg „Fridas Eiskrem“, die sich ebenfalls im Überlebenskampf befindet auf deren Fundingkonto, etwas spenden wollte, bis mir meine eigene Lage eingefallen ist.

Eigentlich sollte ich schon alleine in meiner Funktion als Internet-Aktivist, darüber existieren können, besonders wenn ich sehe, wer alles die Zuwendungen in den Hals gestopft bekommt.

Die Schulter schmerzt schon, weil mir alle auf die Schulter klopfen und zum Weitermachen animieren. Mit Spenden und Fördergeldern würde es klappen, wenn ich Erdogan schonen bzw. als Thema ganz weglassen würde. Deutsche und deutsche Unternehmen, die Türkeistämmigen sowieso, fürchten, dass sie in den Sog gezogen werden könnten und einen Schaden davon tragen, wenn sie mich und mein Schaffen unterstützen. Deshalb auf Nummer sicher gehen und nur auf die Schulter klopfen und applaudieren aus der Entfernung.

Sensationell ist auch, dass die Erdogan-Anhänger glauben, dass ich dafür bezahlt werde, dass ich Erdogan kritisiere und ihn schlechtaussehen lasse. Dabei ist er von Hause aus schlecht,, ohne dass ich dafür etwas tun muss. Ich mach das nur den Blinden und der Öffentlichkeit bewusst.

Früher sagten unsere griechischstämmigen Nachbarn in istanbul “Kalo Mina”, was so viel heißt wie: “Ich wünsche Dir einen schönen Monat.” Den wünsche ich Dir!

 

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