Türkei: Eigentlich müsste man jetzt Tourist sein

Wer in den Touristenhochburgen Urlaub macht, muss nicht einmal in der Türkei sein, sagt zumeist anschließend: „Es war furchtbar voll!“ Nicht so dieser Tage in der Türkei. Ein strikter Lockdown steht vor der Tür. Eigentlich eine Notbremse, um die Tourismus-Saison zu retten. Bürger dürfen ihre Wohnungen nur noch aus triftigen Gründen verlassen, etwa zum Einkaufen, aber nur fußläufig zum nächsten Markt. Reisen zwischen Städten sind nur mit Genehmigung möglich. Touristen sind von den Maßnahmen allerdings ausgenommen. Wenn man bedenkt, dass die Museen und sonstige Sehenswürdigkeiten alle offen sind, möchte man jetzt Tourist sein, in der Türkei. Ob das dann etwas Tolles ist, kann ich nicht beurteilen, denn ich kenne nur den umgekehrten Fall, als keinerlei Touristen da waren in 2015 und wir das ganze Städtchen Alanya für uns allein hatten.

Die Bevölkerung in einen umfassenden Lockdown zu schicken, empfinden die Bürger wie ein ‚in die Wüste‘ schicken des Volkes, das den Regierenden nicht so wichtig ist. Die letzten Tage bewegten sich die Zahlen der täglich an Corona-Neuerkrankten zwischen 40.000 und 60.000 Personen. Die Inzidenzzahlen waren besonders in den Urlaubsgegenden an der Mittelmeerküste, wo die Einheimischen vom Hause aus niemals Zuhause aushalten können und man schon täglich an die 25 Grad an Temperaturen hat, am höchsten. Jetzt soll es passieren. Alle in die Wohnungen einsperren, bedeutet auch, dass weniger getestet werden wird. Wir werden nach dem 17. Mai sehen, dass die Türkei fast nicht mehr wissen wird, was Corona war. Natürlich wird das nicht stimmen, aber zumindest hofft man so, mit Positivmeldungen über die Corona-Zahlen, die Touristen ins Land zu locken. Die Türkei vergisst dabei, dass man in den Herkunftsländern der Touristen, wie Großbritannien und Deutschland, man sich selbst nicht frei bewegen kann. Wie sollen sich dann die Menschen in Scharen in die Türkei trauen? Was am Ende möglich sein wird, werden wir sehen.

Die Hoteliers sehen noch ein anderes Hindernis

Parallel zur Verkündung des neuerlichen umfassenden Lockdowns, verkündete die Regierung, dass es auch ein Alkoholverbot in dieser Zeit geben wird. Erdogan schlägt damit zwei Fliegen mit einer Klappe. Laut der Opposition zwingt sie der Bevölkerung die islamischen Werte auf. Da die sogenannte Opposition, sowieso ohne Wirkung und Gewicht im Staate Erdogan unterwegs ist und nichts dagegen machen kann, wittert sie wenigstens dagegen und hält sich mit Kritik nicht zurück. Ein Segen für den (leider) Präsidenten, denn seine Propagandamedien greifen das auf und stellen all diese Gruppierungen als Feinde des Islams dar.

Auch das Ausland greift das auf, so dass am Ende nicht der krasse und zu späte Lockdown eine Rolle spielt, sondern das Alkoholverbot. Genau da sehen einige Hoteliers die Gefahr und vermelden sogar Absagen aus diesem Grund. Bei den ausländischen Medien und folglich Menschen, kommt es so an, dass es zukünftig auch Alkoholverbot in den Hotels geben könnte, heißt es und schon wandern einige Buchungen woanders hin, zumeist nach Ägypten.

Alkohol zum Ramadan-Monat?

Gerade vermelden Freunde, dass die Menschen in der Türkei vor dem neuerlichen Lockdown sich mit Alkohol eindecken. Manche Läden sollen, was Alkoholisches angeht, ausverkauft sein. So was kommt von so was! Eigentlich zu Nichtpandemiezeiten ist es so, dass 90% der Gastronomie zum Ramadan-Monat von sich aus auf Verkauf von Alkohol verzichtet. Man will ja schließlich nicht geächtet werden. Jetzt aber, wo von oben herab ein Alkoholverbot mit dem Lockdown einhergeht, kauft man Alkohol für die Zeit, wo wir doch im Ramadan-Monat sind. Erinnert mich an die Deutschtürken im Wettbüro zu Ramadan, wo ich lange Zeit als Student nebenher arbeitete, die auf Pferde wetteten, aber ihre Wetten nicht selber abgaben, sondern ihre Nebenleute, die dann keine Muslime waren baten, diese für sie abzugeben. Jetzt, wo es eng wurde und keine Nichtmuslime zugegen sind, kauft man den Alkohol selber ein. Da kann man nur hoffen, dass Allah wegschaut.

Kaltstart X - Das Buch von Ahmet Refii Dener

Das könnte dich auch interessieren …