Türkei: Autounfall mit tödlichem Ausgang – Kein Problem für die Seilschaften des Herrn E.

Türkei: Rabia Naz starb am 12. April 2018 in Eynesil, an der Schwarzmeerküste. Der Vater fand ihre Tochter schwerverletzt vor der eigenen Haustür. Die 11 Jahre alte Rabia erlag dann kurz darauf im Krankenhaus ihren Verletzungen. Ab da konnte man erleben, wie die Justiz bzw. Justizwillkür in der Türkei funktioniert.

Zuerst gingen die Familie und die Staatsanwaltschaft von einem Autounfall aus, bis die Polizei mit der Variante des Selbstmordes aufwartete und dass trotz der Tatsache, dass die Autopsie ebenfalls von einem Autounfall ausging. Die Polizei war der Meinung, dass Rabia aus dem fünften Stock des Hauses runtergesprungen sei.

Der Vater des Mädchens geht von Anfang an von einem Vertuschungsversuch aus, zumal die Staatsanwaltschaft die Autopsie-Ergebnisse zuerst akzeptiert, aber dann doch revidiert hat. Ein Selbstmord erscheint schon deshalb unmöglich, weil Rabia keinerlei Blutspuren aufweist. Was für folgen ein Sprung aus dem fünften Stock an Menschen ausrichten würde, kann sich wohl jeder Laie ausmalen.

Der Vater gab nicht auf und ermittelte weiter. Er befragte Zeugen und viele Experten, die dann die Widersprüche aufdeckten. Nach seinen Recherchen hatte der Neffe des AKP-Bürgermeisters seine Tochter überfahren. Wie üblich schalteten sich dann noch mächtigere AKP-Leute, in Form des Ex-Verteidigungsministers, der ebenfalls aus dieser Provinz stammte ein und versuchten das ganze wie ein Selbstmord aussehen zu lassen.

Zeugen hatten einen schwarzen Fiat Doblo gesehen, so einen, wie der Neffe des Bürgermeisters fuhr. Auch sei solch ein Fahrzeug dann in die Waschanlage gefahren, wahrscheinlich um die Blutspuren zu beseitigen.

Der Vater betonte immer wieder, dass seine Tochter trotz der schweren Verletzungen nicht geblutet hätte und auf der Kleidung Stroh, Sägespäne und Staub hatte. Diese Spuren an der Kleidung ihrer Tochter, führten den Vater an eine nahegelegene Scheune. Dort hatte man Rabia wahrscheinlich das Blut vom Körper abgewaschen, bevor man sie vor die Haustür legte. Nach dem Vorfall soll die Scheune abgerissen worden sein.

Das Haus der Familie Naz hatte außerdem ein Vordach von fast 4,5 Metern. Der Vater sagt, dass ihre Tochter, so schmächtig wie sie war, diese Entfernung hätte gar nicht überspringen können, wenn sie denn runtergesprungen wäre. Jetzt kommts!

Der Staatsanwalt war auch der Meinung, dass Rabia das Vordach hätte niemals überspringen können. Daraufhin ist der Staatsanwalt kurzerhand entlassen worden.

Als der Vater sah, dass weder die Polizei noch die Staatsanwaltschaft reagierten, verlagerte er seine Aktivitäten auf die sozialen Medien. Die Menschen waren empört und erfuhren wieder einmal, wie ohnmächtig man gegenüber der türkischen Justiz ist, ja geradezu ausgeliefert.

Die sozialen Medien bebten vor Empörung, mit der Folge, dass der Vater von Rabia verhaftet wurde. Erstaunlicherweise war die Beschuldigung nicht die Unterstützung einer Terrororganisation, nein, es ging um Beleidigung und Bedrohung. Er sollte in eine Nervenheilanstalt eingeliefert werden. So wie die sozialen Medien die Politik rasend machten, so waren sie auch die Rettung für den Vater von Rabia. Das Urteil gegen ihn wurde nicht vollstreckt.

Als dann Oppositionspolitiker aus Ankara kamen, um ihre Solidarität mit dem Vater auszudrücken, wurde er mit drei Journalisten, die darüber berichten wollten, abermals verhaftet.

Gegen die Verhafteten wurde wegen Erpressung, Drohung, Beleidigung, Verletzung und dem Versuch der Verfahrensbeeinflussung ermittelt. Der Vater wurde einen Tag später, als der Innenminister sagte, dass für seine Behauptungen keinerlei Beweise vorlagen, wieder freigelassen.

Nicht nur Beweise, auch die Augenzeugen waren bald nicht mehr zugegen. Der Vater des Zeugen soll sich umgebracht haben. Der Gouverneur von damals wird in seinem Auto tot aufgefunden. Derjenige, der die Recherchen durchführte, eigentlich die Wahrheit ans Tageslicht brachte, setzte sich ins Ausland ab.

Da sieht man wieder, was passiert, wenn einer allein das Sagen hat. Auch damals, als der Sohn von Erdogan in Istanbul eine Frau überfuhr (damals war Erdogan der OB von Istanbul), die anschließend starb, wurde alles vertuscht (sogar die Straße neu asphaltiert, damit man nichts feststellen konnte), aber dass das bis zu den billigen Sitzen genauso funktioniert bei der AKP… Da wird einem angst und bange, denn Recht bekommt der, der direkt im Admiralsschiff der AKP sitz. Dass es nicht reicht, wenn man für die AKP nur die Fahne schwingt und diese wählt, sieht man am Vater von Rabia, der ein feuriger Unterstützer und Wähler der AKP war.

 

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