Einmal hingeschaut: Alle Entdeckungen und Erfindungen sind Türkisch behaftet

Meine Kolumne aus dem Tagesspiegel. Die Welt ist Türkisch.

In der Ära Erdogan haben die Türken erfahren, dass Amerika von den Türken entdeckt wurde. Kurz, nachdem er diese Behauptung aufstellte, existierte bereits Literatur darüber, auf die man sich
als Quelle berufen konnte. Dort stand es schwarz auf weiß – also stimmte die Behauptung.
Wer lange forscht, wird immer irgendwo etwas Türkisches entdecken.
So ist der Lauf der Dinge – zumindest auf der türkischen Seite der Welt.
Bei meiner Recherche stieß ich auf eine Quelle (derer es viele gibt und die fast alle
etwas anderes besagen). Darin heißt es, dass Christoph Kolumbus ein wissenschaftlicher
Spion für die Osmanen war und viele Hinweise über Amerika lieferte.
Woraufhin der Piri Reis eine Karte zeichnete, auf der Amerika schon drauf war.
Piri Reis lebte von 1470 bis 1554, er war türkischer Admiral der osmanischen
Flotte und Kartograph. Er verfasste ein bedeutendes Buch über die Seefahrt im Mittelmeer
und sammelte und erstellte zahlreiche Karten. Die „Karte des Piri Reis“ von 1513, die erst 1929 entdeckt wurde, ist die berühmteste. Bei dieser Karte ist im Original nichts von Amerika zu sehen.
Aber auf den Blickwinkel kommt es an! Unter Umständen kann man sogar den Mars
auf der Weltkarte entdecken …
Ich gehe mal ein Stück von der Entdeckung Amerikas weg. Aber nicht weit. Mir
kommt Sitting Bull in den Sinn. Sitting Bull (englisch für „Sitzender Bulle“), war Stammeshäuptling und Medizinmann der Hunkpapa-Lakota-Sioux. Als vor allem spiritueller Anführer leistete er jahrelangen
Widerstand gegen die US- amerikanische Regierungspolitik. Nach der Niederschlagung
der letzten Aufstände der indianischen Bevölkerung wurde er unteranderem durch Auftritte bei Wildwestshows bekannt. Außerdem setzte er sich für eine Versöhnung mit den ehemaligen Kriegsgegnern ein. 1890 wurde Sitting Bull von Reservationspolizisten bei einer versuchten
Verhaftung erschossen. Apropos „Sitting“, das Sitzen ist etwas urtypisch Türkisches. Fragt man im Deutschen „Wo wohnst/lebst Du eigentlich?“ fragt der Türke: „Wo sitzt du eigentlich?“ Oturmak bedeutet Sitzen. Kommst du nicht heute, kommst du morgen. Das ist Türkisch. Da muss man sich nicht wundern,
dass man sogar seinen Lebensmittelpunkt mit dem Wort „Sitzen“ verbindet. „Wir leben in Frankfurt“ heißt im Türkischen: „Wir sitzen in Frankfurt.“ Ist ja auch bequemer, wenn man sitzt.
So, wenn der Erdogan diesen Beitrag liest, könnte er morgen behaupten, dass
„Sitting Bull“ eigentlich türkische Vorfahren hatte.

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