Von Kabul nach Berlin. Zuletzt die A77 nehmen – Denkanstöße

Wir Menschen sehen uns als die überlegenste Spezies. Unter uns machen wir auch Unterschiede und auch wenn wir sagen „Für mich sind alle Menschen gleich.“ ist es dem nicht so. Genauso, wie Mann und Frau zwar gleich sein sollten, doch nicht sind.

„Lass mich ein Beispiel aus der Pferdewelt geben!“ ist ein Standardsatz von mir, wenn ich etwas in Anlehnung zu den Pferden bildlich darstellen möchte. Wenn ein Rennpferd z.B. in Hochform ist und das über einen längeren Zeitraum, denkt sich der Besitzer, der Pferde über alles liebt, dass das Pferd etwas Ruhe und Erholung verdient hätte und nimmt das Pferd aus dem Rennbetrieb raus und schickt es auf die Koppel.

Nach, sagen wir mal zwei Monaten Pause, für den Menschen Urlaub, kehrt das Pferd in seine gewohnte Umgebung zum Training zurück. Siehe da, es bringt keine Leistung mehr. In dem Moment sagt dir das menschliche Hirn, dass das Pferd sich evtl. an die Ruhe gewöhnt hat und deshalb nicht mehr schnell laufen will.

Wer weiß, die Wahrscheinlichkeit ist groß, denn das Pferd hat weg von der Monotonie, etwas anderes gesehen und kennengelernt, wo er nicht mehr schnell laufen musste. Bevor ich mich vom Pferd als Beispiel verabschiede, noch ein Beispiel hinterher. Stellt Euch eine Mutterstute mit Fohlen vor. Ein tolles Bild nicht wahr? Beide bleiben in der Regel ein halbes Jahr zusammen, bis das Fohlen von der Mutter abgesetzt wird, weil sie keine Milch mehr geben kann.

Wenn Du jetzt diese Mutterstute nach einiger Zeit auf die vielen Fohlen loslassen würdest, würde sie ihr Neugeborenes, vielleicht sieben, acht Monate alt, nicht mehr wiederfinden. Die Verbindung zwischen den beiden ist nämlich komplett abgerissen. Ein Mensch würde dann über die Mutterstute sagen: „Wie kann sie nur so herzlos sein?“ Das liegt in der Natur der Dinge, die ein Mensch nicht unbedingt verstehen, aber akzeptieren muss.

Genug der Beispiele mit Pferden. Von ‚P‘ zu ‚T‘ ist nicht weit. Dazwischen sind nur noch ‚R‘ und ‚S‘. Kommen wir zu ‚T‘ wie Taliban.

Hierbei möchte ich in Anlehnung zu den Beispielen mit den Pferden den gesunden Menschenverstand, mit denen im Westen doch viele ausgestattet zu sein glauben, durch den westlichen Blick und Verständnis, ersetzen.

Wir sehen Bilder von dunklen Männern mit Bärten, so als hätten sie sich die letzten Monate nicht mehr gewaschen und rasiert. Schon wissen wir, dass sie die Schlechten sind. Um richtig zu stellen, ich mag sie nicht, nur irgendwie hassen kann ich sie nicht. Was sie tun ist, dass sie zu sehr an ihrer Religion festhalten und dieses, was im Koran steht, ausgelebt haben wollen. Ob man(n), um so etwas umzusetzen so aussehen muss, weiß ich nicht.

Das Wort eines Mannes kann auch Gewicht haben, wenn er frisch rasiert ist und saubere Klamotten trägt. Glaube ich zumindest. Die Taliban möchten ihrem Glauben entsprechend einen Gottesstaat errichten, wo die Regeln streng ausgelebt werden. Da ist nun mal kein Platz für die Frau, oder doch… Um wieder zu den Pferden zurückzukehren…

Wie nennt man das Kreuzungsprodukt aus einer Hauspferdestute mit einem Hauseselhengst? Richtig, Maultier, auch Muli genannt. Wenn die Männer sich im Islam als Pferde sehen würden, wären die Frauen die Maultiere, auch liebevoll Muli genannt.

Da die Frauen und Mädchen unter der Talibanherrschaft in großer Gefahr sind, wären, ist ein Riesenauffuhr im Westen ausgebrochen. „Rettet die Frauen!“ Ich bin selber in vielen Organisationen dabei, wo es um die Kinder- und Frauenrechte geht. Ich bin aber ein Realist und stelle die Frage: „Wie?“ Wie möchte man den dortigen Frauen helfen und sie beschützen? Eigentlich muss man die Frage stellen, vor wem beschützen? Im Westen glauben wir, dass es sich bei den knapp achtzigtausend Taliban, um ledige Männer handeln muss, die scharf auf Frauen und Mädchen sind und bis jetzt ohne Bindung gelebt haben.

Dem ist sicher nicht so. Sehr viele werden eine Familie und Kinder haben, aber sie sind halt alleine unterwegs, weil sie die Scharia ausleben wollen und um dieses durchzusetzen, setzen sie Härte ein. Eigentlich ist das auch eine Vermutung, so glaube ich, wenn ich mir die Bilder aus Afghanistan anschaue. Geschossen wird dann, wenn jemand die Regeln der Scharia nicht befolgt, was der Glaube fast aller dort ist, nämlich der Islam. Das Handbuch des Islam, der Koran, gibt diesen Kämpfern, die ein Gottesstaat im Namen Allahs errichten wollen, jegliches Recht so zu handeln.

Würde ein Wessi z.B. einen, der gerade eine Frau geköpft hat, auf afghanischem Boden zu fassen kriegen, könnte man ihn gar nicht anklagen. Nach welchem Recht denn? In Afghanistan gelten jetzt die Scharia-Gesetze.

Das erklärt auch, warum die afghanische Armee stillsitzt und nichts tut. Würdest du dich als eine christliche Armee, gegen eine Gruppierung von Christen mit dem General Söder an der Spitze, in den Weg stellen, die nur durchsetzen wollen, dass die Bibel voll ausgelebt wird? Wahrscheinlich schon, aber Du hast verstanden, was ich meine.

Würde die afghanische Armee gegen die Taliban agieren, wäre das für jeden einzelnen Soldaten der Todesurteil. Muslime greifen Muslime an, weil diese den Koran, die Scharia ausgelebt haben möchten. Das ginge nicht gut aus für die Soldaten.

Kommen wir zu den Frauen und Mädchen, die wir mit unseren westlichen Hirnen retten möchten. Die Frage hatte ich schon gestellt. Wie soll das geschehen und wie viele wollen gerettet werden? Soldaten nach Afghanistan zu schicken, sollten wir erst gar nicht in Betracht ziehen, denn es hat nichts gebracht. Wenn Du das immer noch als eine Möglichkeit hälts, möchte ich dich nur um eines bitten: „Schicke du zuerst deinen Sohn als Soldat dahin!“ Dann wirst du verstehen, wie sinnlos das Ganze ist.

Darauf zu drängen, dass die Frauen und Mädchen ausreisen können, wenn sie wollen, würde bei 38 Millionen Afghanen, ausgehend davon, dass die Hälfte Frauen sind, ebenso viele Ausreiseanträge bedeuten. Damit nicht genug, was würden diese Menschen tun, wenn sie im sicheren Hafen, sprich im Westen wären? Tja, daran hast Du nicht gedacht, aber sie würden nach einiger Zeit, wenn sie sich hier eingelebt hätten, so mit Wohnung, Sozialhilfe und Kindergeld, die Familienzusammenführungsanträge stellen und ihre Männer, unter anderem die Talibankämpfer, z.B. nach Deutschland holen.

Das ist der Lauf der Dinge, denn du kannst die zurückgebliebenen Männer nicht zum Schwulsein zwingen, auch wenn sie das zu 10% sind. 10% das ist die Quote in der Türkei, die von Hause aus schwul sind.

Rettest Du zu viele Frauen und Mädchen, kannst Du sicher sein, dass es denen, die zurückbleiben mussten noch dreckiger gehen wird. Der Westen ist derzeit in einer ausweglosen Situation. Egal was der Westen macht, wird falsch sein, denn die Formel, wo alles für alle gut ausgeht, gibt es nicht. Hat der Westen, bis zum Rückzug der Amerikaner, sowieso nicht immer das Richtige gemacht und dafür gesorgt, dass wir jetzt so einen Schlamassel haben?

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