Sıkıldık (mit einem kastrierten ‘i’) oder Sikildik? Beide Wörter sind zutreffend, wenn es …

Ich habe Euch hier schon einige Male mit doppeldeutigen Wörtern konfrontiert. Im Türkischen gibt es zum Beispiel den Buchstaben „i“ auch ohne Punkt. Und wie wird dieser Buchstabe ausgesprochen? Wie ein kastriertes „i“ eigentlich.
Das ist der Text meiner Kolumne aus dem Tagesspiegel von heute.
Ein Extrembeispiel taucht dieser Tage immer öfter auf Twitter und sonstigen sozialen Medien auf: „Sıkıldık“ bei dem also die „i“ alle ohne Punkt geschrieben werden. Das Wort beziehungsweise den Hashtag benutzt man in Zusammenhang mit Erdogan dem Prächtigen, von dem drei Viertel der Bevölkerung – bei wohlwollender Schätzung zu seinen Gunsten – die Nase voll haben. Dabei müssen wir aber berücksichtigen, dass sich diese Menschen mit ihrem Gefühl nur der engsten Familie anvertrauen würden… Kommen wir zu der Bedeutung von „Sıkıldık“. Wörtlich übersetzt bedeutet es: „Wir sind gelangweilt“, oder, im Zusammenhang mit Erdogan dem Prächtigen: „Wir haben die Schnauze voll!“, „Du langweilst uns!“
Aber, schreibt man das Wort mit dem Punkt auf dem „i“, weil die Tastatur nichts anderes hergibt, bewegen wir uns zwar immer noch im Türkischen, doch die Bedeutung wird drastisch: „Man hat uns gef…!“, „Wir sind gef… worden“ oder „Jetzt haben wir aber die Arschkarte gezogen“.
In der Türkei brodelt es. Die fast fünf Millionen Flüchtlinge sind einfach zu viele. Ob Frau Merkel, als sie damals „Wir schaffen das!“ sagte, das in Richtung der Türkei meinte? Das Land immer wieder mit Geld zu versorgen, damit die Flüchtlinge dort den Migrantenstatus erlangen und nicht nach Deutschland kommen, macht die Türkei für die Flüchtlinge schmackhafter. Zumal man es auch als eine Art Zwischenstation auf dem Weg nach Deutschland sehen könnte. Nun kommen die Afghanen in Scharen. Der Ärger ist vorprogrammiert, zumal sie aus Unkenntnis der Situation in den Städten, in denen ein starkes Kastendenken herrscht und sich die Stadt- und Landbevölkerung unter den Türken schon nicht grün sind, mit ihrer anderen Lebensart für Unruhe und Unmut unter der Bevölkerung sorgen.
Interessant ist, dass selbst die islamisch konservativ orientierten türkischen Familien mit den Flüchtlingen, die ja zumindest was die Religion angeht aus einem ähnlichen Kulturkreis stammen, ebenfalls nicht klarkommen. Übergriffe und Abwehrreaktionen beider Seiten sind an der Tagesordnung. Der Druck auf Erdogan den Prächtigen wächst von Tag zu Tag, das Ende aller Tage – so oder so – rückt näher. Bis dahin heißt es für den Türken „Sıkıldık“. Oder „Sikildik!“
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Menschen, die Andersdenkende sind, gehören in die Freiheit. Kein Mensch soll sein Leben unschuldig hinter Gittern vergeuden. Niemand wird ihnen diese Zeit wieder zurückgeben können.