Meine Kolumne aus dem TAGESSPIEGEL: Mein Hobby, Dein Hobby, …

DAS LEBEN, EIN RÄTSEL: Das Wort Hobby wird so definiert: „Ein Hobby ist eine Freizeitbeschäftigung, die der Ausübende freiwillig und regelmäßig zum eigenen Vergnügen oder der Entspannung betreibt. Es trägt zum eigenen Selbstbild bei und stellt einen Teil seiner Identität dar. Ein Hobby wird nicht professionell ausgeübt und grenzt sich gegen eine berufliche Beschäftigung ab, der Betreiber eines Hobbys ist in diesem grundsätzlich Laie.“
Als ich in der Türkei lebte, stellte ich schnell fest, dass Hobbys dort Mangelware sind. Klar, Beschäftigungen gehen viele nach. Fragt man aber: „Welche Hobbys hast du?“ kommt die Gegenfrage: „Wie meinst du das?“
Erstaunlicherweise kennen alle das Wort, das in türkisch „Hobi“ geschrieben, aber genauso ausgesprochen wird.
Schaut man die Hobbys der Deutschen an, kommt die Gartenarbeit an erster Stelle. In der Türkei haben die wenigsten einen Garten und wenn, dann sind sie so wohlhabend, dass sie nichts anpacken. Shopping kommt in Deutschland an zweiter Stelle. Unbewusst tun die Stadttürken das am liebsten. Naht das Wochenende, wird geplant, in welches der Einkaufszentren (alleine in Istanbul gibt es 140 gewaltige) man gehen wird. Wie gesagt: Shoppen nicht als Hobby, sondern aus Gewohnheit – weil man eben keine Hobbys hat. Rätsel lösen kommt in Deutschland als nächstes. Für den Türken ist schon das Leben ein Rätsel. In Deutschland folgt „Essen gehen“. Schaut man die überfüllten Restaurants in der Türkei an, wird klar: Ja, der Türke geht gerne auswärts essen. Aus Gewohnheit, Bequemlichkeit und aus Geselligkeit. Bei den Deutschen folgt das Zocken, also Computer-Spiele. Ja, das ist der Renner, auch bei den Türken, genauso wie Wetten auf Pferde und Fußball. Beides ist bei den Türken nicht als Hobby, sondern als eine Art Sucht zu sehen. Reparieren tun die Deutschen gern, der Türke läuft weg, wenn er reparieren muss. Dafür gibt es schließlich den „Usta“, was Meister bedeutet. Die können alles reparieren. Fitnessstudio, ja, da gehen auch die Türken hin, die Stadttürken, schließlich ist man eitel, aber aus der Notwendigkeit heraus, nicht als Hobby. „Das Wandern ist des Müllers Lust“ – auch die fast aller Deutschen. Das Wort „wandern“, gibt es im Türkischen nicht. Eher könnte man es als Spazierengehen übersetzen. Aber das tut der Türke freiwillig nicht. Nur wenn die Ehefrau mit dem Finger auf eine andere Familie zeigt: „Schau mal, das ist eine richtige Familie, die gehen gemeinsam spazieren.“ In Wirklichkeit ist diese Familie auf dem Weg zum Einkaufszentrum.