Kennt Ihr die Fernsehserie Revolution, oder die Türkei in 2022?

Ich mag keine Science-Fiction Filme. Lieber lebe und befinde ich mich in der realen Welt. Die Türkei in 2022 erinnert mich an eine Fernsehserie Namens „Revolution“. Ich glaube, ich schaute nur vier Folgen, doch weiß ich, worum es in der Serie geht.
Ohne Vorwarnung gingen auf der Erde plötzlich die Lichter aus. Seit 15 Jahren leben die Menschen nun schon ohne Strom. Der technische Rückschritt hat den Planeten ins Chaos gestürzt.
Wie sagte noch der selbsternannte Magier, Erdogan, von den Anhängern „Der Meister“ genannt: „Die Türkei wird ab jetzt mit den Exporten wachsen!“* Natürlich eine Utopie, denn die türkischen Exportprodukte beinhalten 82% Importanteile, sei es Maschinen, Roh- und Hilfsstoffe, oder Energie.
Kommen wir zu der TV-Serie Revolution. Kein Strom, die Maschinen laufen nicht, die Industrieproduktion ist auf dem Nullpunkt. Die Raffinerien haben dicht gemacht, folglich haben die Autos kein Benzin, auch gibt es weder Nah- noch Fernverkehr. Nahrung gibt es nur, wenn diese um die Ecke erzeugt wird. Die medizinischen Geräte funktionieren nicht, Medikamente werden nicht produziert. Sogar eine früher unbedeutende Krankheit führt zum Tod. Jeder ist auf sich alleine gestellt und muss sich selber zu schützen wissen. Die Sicherheit für Leib und Leben befindet sich auf dem Tiefpunkt.
Denkt doch mal nach. Wenn wir unser Handy mal zuhause vergessen, bricht schon Panik aus, weil wir nicht mehr weiterwissen. Jetzt stellt Euch all das, was ich oben aufgezählt habe, auf einmal vor. Versteht Ihr, wovon ich rede?
„Revolution“ musste mir einfallen, bei dem was jetzt zwischen Iran und der Türkei bzgl. Erdgaslieferungen passiert. Der Iran teilte mit, dass da ein Defekt bei einem Ventil wäre und die Reparatur 10 Tage dauern würde. Was würde passieren, wenn der Iran gesagt hätte, dass die Reparatur 100 Tage in Anspruch nimmt?
Die Tragödie ist, dass die 10 Tage um sind und wieder Gas Richtung Türkei gepumpt wird. Der Haken an der Geschichte ist, dass das Erdgas 60% weniger ist als nötig und mit viel weniger Druck als vorher.
Auch wenn man jetzt etwas Krummes denken könnte, dass der Iran mit der Türkei ein böses Spiel spielt, passiert das fast in jedem Winter, an sich nichts Außergewöhnliches also.
Das Erdgasunternehmen BOTAS teilte der Industrie mit, dass der Erdgasverbrauch um 40% gedrosselt werden müsse. Doch das reichte anscheinend nicht aus. Das Verteilerunternehmen konnte das Flüssiggas nicht schnell genug in Erdgas umwandeln. So wurde das Problem immer größer, so groß, dass jetzt auch die Stromproduktion ebenfalls nicht funktionierte. So beschloss man in dieser Woche 3 Tage den Strom zu unterbrechen. Es wurde sogar gesagt, dass die Stromausfälle über die Industriebetriebe hinaus auch die Läden u.a. Betriebe ebenfalls betreffen könnten.
Wie konnte es soweit kommen? Plante man schlecht, oder hatte man alles Menschenmögliche getan und trotzdem nicht geschafft. Die Antworten bleiben aus bzw. sind unterschiedlicher Natur.
Lassen wir die Experten die Schuldfrage klären. Sollte die Türkei daran schuld sein, werden sowieso die fremden Mächte daran schuld sein. So ist das in der Türkei.
Schauen wir weiter…
Die Industrie- und sonstige Unternehmen waren sowieso unter finanziellem Druck, zumal der Wertverlust der Lira und die parallel steigenden Devisenkurse ein Kalkulieren unmöglich machten. Nicht zu vergessen, die innerhalb des letzten Jahres bis heute um 130 bis 300% gestiegenen Erdgas und Strompreise.
Während diese Probleme zu bewältigen waren, rechnete niemand mit Stromausfall und Erdgasdrossellung.
Gehen wir mal davon aus, dass die die Rücklagen haben, die Situation noch irgendwie drehen können. Nur, was passiert, wenn dieser Zustand sich wiederholt bzw. noch länger dauert?
„Die Türkei wird ab jetzt mit den Exporten wachsen!“*
Das Sternchen hinten dran steht, weil man wissen muss, dass die Türkei, wenn man von immensem Wirtschaftswachstum spricht und sprach, eigentlich diese bei einer immer weiter schrumpfenden Industrie tat. Die Staatsschulden, die staatlichen Investition in desaströse und verlustbringenden Megaprojekte und die starke Bautätigkeit im ganzen Lande, waren alleine für fast 80-90% des Wachstums verantwortlich. Wie sollte es anders auch sein, bei immer weiter steigenden Arbeitslosenzahlen?
Ja, die Arbeitslosenzahlen werden weiter steigen müssen. Schließlich wird man am ehesten an den Personalkosten einsparen können.
Nur 44% der Menschen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, arbeiten auch in der Türkei. Wenn heute die Türkei von ca. 14% Arbeitslosenquote spricht, werden eigentlich die 14% von den 44% gemeint, was nur die wenigsten wissen. Die erschreckende Quote ist eigentlich, dass 40% der 15 bism35% Jährigen dem Arbeitsmarkt fernbleiben. Sie suchen keine Arbeit, weil sie nicht mehr glauben, eine Chance auf Arbeit zu haben. Folglich werden sie bei der Zählung der Arbeitslosen nicht mitberücksichtig.
Muss man da noch weitere Schreckensszenarien ausmalen, oder ist die Situation verständlich genug dargestellt worden?