Türkei: Kein Strom, kein Erdgas – Die Industrie ist ratlos

Die Industrieunternehmen der Türkei waren schon mit den hohen Devisenkursen und dem Wertverlust der türkischen Lira befasst und arg gebeutelt. Als sie dachten, es könne nicht mehr schlimmer kommen, kam es doch. Den meisten wurde (zu spät und telefonisch) mitgeteilt, dass 72 Stunden lang kein Strom geben würde und man ab jetzt kein Erdgas verbrauchen sollte. Die Nutzung wurde unter Strafandrohung untersagt. Während die Stromlieferanten den Strom einfach abschalten können, soll das bei Erdgas nicht möglich sein. Deshalb soll man, auch wenn Erdgas auf der Leitung ist, nichts davon benutzen.
Die Medien berichteten schon letztes Jahr, dass 200.000 Tausend Unternehmen schließen mussten, davor das Jahr auch und davor auch. Wenn es in diesem Jahr, schon nach nur drei Wochen des Jahres heißt, dass über 100.000 Unternehmen dicht machen mussten, weiß man, wie es um die türkischen Wirtschaft steht bzw. stehen muss.
Was passiert, wenn man wie bei den Hochöfen z.B., diese runterfährt? Es dauert lange, bis man diese hochfährt und noch größer ist dann der Energieverbrauch.
Es ist grausam dieser Tage, in der Türkei Unternehmer zu sein. Preise zu kalkulieren ist ein Lotteriespiel. Wonach sollte man sich richten, wenn man kalkuliert? Werde ich Strom und Erdgas haben, um weiter produzieren zu können? Wie sieht es mit den Rohstoffen und Halbfertigerzeugnissen aus, wo doch meine Lieferanten ihrerseits sich die identischen Fragen stellen?
Die Türkei geht weiter den Bach runter und andere beschäftigen sich mit Liedtexten, Beleidigungsklagen, Verhaftungen von Andersdenkenden, die das Land keinen Deut weiterbringen und schon gar nicht aus dieser Krise. Die Armut nimmt Oberhand und die Beteiligten schweigen. Die Unternehmer, die sich bei mir ausweinen, sind nicht bereit, ihr Leid und Sorgen öffentlich zu benennen. Aus Angst noch mehr Ärger anderer Art zu bekommen. Armes Türkei, wo soll das hinführen.
Die betroffenen Unternehmen wurden über die Sachlage im Energiebereich nur telefonisch informiert. Von schriftlichen Benachrichtigungen hätte man abgesehen heißt es. Vielleicht sollte man mit Rauchzeichen versuchen. Sieht man ziemlich von überall.
Wieder etwas vergessen. Die betroffenen Unternehmen dürfen in der Zeit, wo sie kein Strom haben, diese Tage ihren Mitarbeitern als Urlaub anrechnen und nach Hause schicken. Zwangsurlaub, sozusagen. Die Türkei des Herrn Erdogan.