Die Leidtragenden im Russland-Ukraine Konflikt: Nr. 1 Ukraine, Nr. 2 Türkei …

Durch die Krise zwischen der Ukraine und Russland, ist zu Tage gekommen, wie abhängig die Türkei von diesen Ländern ist. Zuerst einmal naht die Urlaubssaison. Die letzten Jahre, als die europäischen Touristen Mangelware waren, baute man auf die Touristen aus diesen beiden Ländern. Was wird jetzt passieren? Schickt es sich für einen Russen oder Ukrainer, wenn ihre Länder sich im Kriegszustand oder etwas Ähnlichem finden, in den Urlaub zu fliegen? Die türkischen Wirtschaftsanalysten sagen, wenn man die Länder aufzählen würde, wer den meisten Schaden aus dieser Krise zwischen Russland und Ukraine nehmen würde, würde die Türkei wahrscheinlich an zweiter Stelle kommen. An erster Stelle wäre Ukraine. Ja, so schlimm ist die Situation.
Tourismus
Bleiben wir zuerst beim Tourismus. 27 von 100 Touristen kamen im letzten Jahr aus der Ukraine oder Russland. Letztes Jahr erhielt die Türkei aus dem Tourismus 19,2 Milliarden USD und mit der Abschwächung der Pandemie, hatte die türkische Zentralbank die Rechnung mit 25 Milliarden USD Einnahmen aus dem Tourismusbereich gemacht. Das war die offizielle Seite, denn inoffiziell schielte man auf 35 bis 40 Milliarden USD.
Erdölpreise
Die Erdölpreise haben parallel zur Krise angezogen und sind derzeit bei 90 USD, mit der Tendenz Richtung 100 USD. Wenn der Barrel-Preis diese Grenze überschreitet, wird die Türkei auch ohne Erdöl zu brennen anfangen. Den Grund kann ich in einem Satz erklären. Die Zentralbank setzte die Zinsen herab, anstatt zu erhöhen und sofort zogen die Devisenkurse an, mit dem Ergebnis, dass sich der Benzinpreis durch die teuren Devise innerhalb von fünf Monaten verdoppelte.
Der USD-Kurs
Die Zentralbank ging für 2022 von einem USD-Mittelwert von 9,27 TL aus. Derzeit stehen wir bei 15,70 TL, Tendenz steigend. Der Überlebensstrategie der Regierung und der Zentralbank lag ein vorgesehener Mittelwert von 68,30 USD/Barrel zugrunde. Alleine momentan gibt es eine Abweichung von 45%, Tendenz steigend. Am 27. Januar sahen die Zuständigen ein, dass sie sich mit der Einschätzung vertan hätten und erhöhten den geschätzten Mittelwert pro Barrel auf 80,40 USD. Schon jetzt haben wir uns wieder über 10% davon entfernt, wo nicht einmal ein Monat seit der Annahme vergangen ist. Tendenz steigend.
Ein Resümee nach diesen Zahlen zu ziehen, möchte man erst gar nicht, aber es geht noch weiter. Da ist ja noch der Agrarsektor. Fast glaubt man, dass zwischen der Ukraine und Russland wäre noch die Türkei, mit langen Grenzen zu beiden.
Russland hat letztes Jahr für 36 Milliarden USD Agrarprodukte exportiert. Wer war an erster Stelle der Abnehmerländer? Die Türkei!
Die Türkei importierte für 4,3 Milliarden USD und exportierte für 1,5 Milliarden USD. Alleine 6,7 Millionen Tonnen Getreide importiert die Türkei aus Russland. Zumeist wird daraus Mehl produziert und exportiert, aber auch inländisches Brot produziert. Eine leichte Verteuerung oder gar Verknappung des Angebotes aus Russland, hätte verheerende Folgen für die Gesamttürkei. Die Menschen leben fast nur von Wasser und Brot. Die Türken sind die größten Brotkonsumenten der Welt.
Russland hat die Türkei auch so in der Hand und bestimmt, was passieren kann und soll. 2015, als die Türkei einen russischen Kampfjet abschoss, stoppte Russland alle Agrarimporte aus der Türkei. Als nach einigen Jahren alles wieder langsam anlief, gab es Quoten auf fast alle Agrarprodukte.
Auch eine Geldverknappung auf russischer Seite, was durchaus zu erwarten ist, weil das Embargo der EU und der USA die russischen Banken aus dem internationalen Zahlungsverkehr ausschlossen, würde oder wird verheerende Folgen auf die türkische Agrarindustrie haben. 25% der Zitronenernte, 50% der Aprikosenernte, 55% der Trauben gehen nach Russland. Die Liste kann fortgesetzt werden. 32% der Kirschen-, 42% der Erdbeer- 28% der Quitten- und 38% der Birnenernte der Türkei, findet und fand in Russland den Abnehmer. Die Zahlen über die Ausfuhren in die Ukraine habe ich nicht, aber bei Trauben sind es 17% der Ernte, also 1/3 von dem, was Russland aus der Türkei kauft.
Als ob der Türkei die inländischen, durch Erdogan hausgemachten, Probleme nicht reichen würden… Den Faktor Putin, hatte man gänzlich aus der Rechnung rausgehalten.