Türkischer Konsument: Nicht die Qualität zählt mehr, sondern nur noch der Preis

Die Pfefferkörner sind eher symbolisch. Der Prächtige soll dahin gehen, wo der Pfeffer wächst.

„Das können wir Ihnen nicht anbieten, weil wir das für den türkischen Markt hergestellt haben.“ Immer wieder hörte ich diesen Satz, als ich Produkte aus türkischer Produktion für den Export auswählen wollte. Ich weiß, für den Außenstehenden schwer zu verstehen, aber für einen mit türkischen Genen, eine deutliche Ansage, unmissverständlich.

Übersetzt bedeutete der Satz: Die Ware ist von minderer Qualität. Früher, umso stärker, herrschte bei dem Produzenten der Eindruck, dass der Türke kaum Wert auf Qualität legen würde, sondern eher auf den Preis. Mit den steigenden Importen, zumeist aus China, wurde dem türkischen Verbraucher bewusst, ausgerechnet über China-Ware, dass ‚Besser‘ möglich war. Die wohlhabenderen waren sowieso auf Weltmarken fixiert, die sie bei Auslandsaufenthalten die Koffer voll mitbrachten. Die ausländischen Marken stellten fest, dass der Türke bereit war für Qualität Geld hinzulegen und öffneten zuerst Mono-Stores, um dann als Filialist sich in der Türkei zu etablieren. Die Folge davon war, die türkischen Produzenten mussten die Qualität erhöhen. Das konnten sie locker, waren sie doch die Produzenten dieser Top-Marken aus dem Ausland.

Das Rad scheint sich dieser Tage für den Türken, die sich zu den wenigen der Mittelschicht zählen und für die Ärmeren sowieso, die durch den Kaufkraftverlust und einer Inflation von über 140% immer ärmer werden, zurück zu drehen. Die Inflation auf der Herstellerseite ist über 200%, Tendenz steigend. Also müssen sie, um überleben zu können, diese Preissteigerungen in der Waren- und Rohstoffbeschaffung, an die Konsumenten weitergeben. Um die Wucht der Preissteigerungen abzufedern, macht man es wie früher. An der Qualitätsschraube nach unten drehen und dafür relativ günstiger anzubieten. Es ist nicht mehr die Zeit auf Qualität zu achten. Die Konsumenten kaufen nur über den Preis. Auch der eigene Geschmack wird hintenangestellt, oder spielt kaum eine Rolle mehr. Auch bei den explodierenden Mieten im Land, wohnt man nicht mehr in familiengerechten Wohnungen, nein, es gilt nur noch das „Dach über dem Kopf“ Prinzip. Hauptsache eine Wohnung. Die Mieten haben sich binnen eines Jahres, mindestens verdoppelt, denn auch der Vermieter weiß nicht, was für eine Miete er bei dem Wertverlust der Türkische Lira abrufen soll. Die bestehenden Mietverträge sind für den Papiercontainer bestimmt. Würde der Vermieter, die laut Mietvertrag vereinbarten zehn Prozent Mieterhöhung, bei bald zweihundert Prozent Inflation abrufen, käme er sich dumm vor. Wir sind aber in der Türkei, wo der Dumme immer der andere ist, gefühlt, der Schwächere. Glaubt mal nicht, dass die Regierung, in Form des Alleinherrschers was dafür tut, dass sich die Situation für die Menschen verbessert. Geht nicht! Denn es müssten höhere Zinsen, Steuern und Sparmaßnahmen her, damit man von der IWF, nicht unter zweihundert Milliarden Euro holen kann, aber 2023 ist Wahljahr.

Die o.g. Formel, zur Rettung der Wirtschaft ist von jeder Regierung einsetzbar, aber nicht von der jetzigen. Einem Alleinherrscher traut man nicht. Die Gelder, die man theoretisch der Türkei geben würde, würden woanders versickern, eher in den Taschen der Tanzgruppe von Erdogan. Zuerst muss die Türkei zur parlamentarischen Demokratie zurück und der Erdogan müsste ebenfalls weg. Weit weg!

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