WEG MIT ALTEN ZÖPFEN – Frauen in der Zwickmühle – Meine TAGESSPIEGEL Kolumne

Weg mit alten Zöpfen – Frauen in der Zwickmühle – Für einen deutschen Auftraggeber hatte ich in Istanbul ein Restaurant einer bekannten Gastrokette realisiert. Es war in einer wohlhabenden Gegend, in der Menschen leben, die eher Richtung Europa blicken und oft dahin reisten. Ich habe an dieser Stelle schon öfter geschrieben, dass bei türkischen Stadtmenschen das Kastendenken in den Köpfen verankert ist. In der ersten Zeit war ich viel in dem Restaurant, auch, um dessen Kundschaft zu beobachten. Eines Tages hatte ich einen guten Freund eingeladen, der zu den mächtigsten Familien-Clans der Türkei gehört. Als wir gerade reingehen wollten, blieb er plötzlich stehen. „Können wir nicht irgendwo anders hingehen?“, fragte er überraschend. Er wollte partout nicht hinein, verzog sogar sein Gesicht und rückte dann mit dem Grund heraus: „Ich sehe unseren Buchhalter im Laden – deshalb möchte ich woanders hin.“ Es war unter seiner Würde, sich gemeinsam mit einer Person, die er auf seiner Lohnliste hatte, in einem Lokal aufzuhalten. „Ein anderes Mal!“, sagte er noch und ging.

Einmal im Kölner Hauptbahnhof ging ich mit einem türkischen Freund aus Ankara zum Ausgang Richtung Dom. Dabei sah ich eine schöne Frau, der ich schon einmal begegnet war. Sie trug elegante Kleidung mit Stil. „Was glaubst Du wohl, was sie so macht, wer sie ist?“, fragte ich den Freund. „So, wie sie aussieht, ist sie bestimmt mit einem sehr reichen Mann verheiratet.“ Angesichts dieses Vorurteils musste ich lachen. „Komm, wir folgen ihr, ich zeige Dir, was sie macht.“ Vor dem Bahnhofsvorplatz stand ein Imbiss, sie schloss die Tür auf und verschwand darin. Nach etwa fünf Minuten gingen die Lichter an und die Bude öffnete. Wer bediente? Dem Freund hatte es die Sprache verschlagen: „Jemand, der wie sie aussieht, würde in der Türkei keine Chance haben, einen solchen Job zu machen. Irgendjemand würde sie bestimmt als Geliebte aushalten wollen.“ Da war er wieder: der männliche Blick auf die Stellung der Frau in der türkischen Gesellschaft. Zwar führte Staatsgründer Atatürk schon 1930 das Wahlrecht für Frauen ein. Trotzdem gilt dort immer noch, was James Brown einst sang: „It’s a Man’s Man’s Man’s World.“

Das gilt – um einiges dramatischer – auch im Iran. Klar sind Demonstrationen gegen das iranische Regime gut, die in Deutschland stattfinden. Aber jetzt müssen Sanktionen gegen das Land her, von der härtesten Sorte. Gesucht werden: Regierende mit Rückgrat und nicht jene, die gegen Frauen Politik machen beziehungsweise an der Seite der Mullah’s stehen.

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