Türkei: Mieterhöhung 100% – Der Mieter war noch gnädig.

Zu den Mietern kommen wir noch. 2023 ist der 100. Jahrestag der Republik Türkei und im Juni stehen die so wichtigen Wahlen an. Es entscheidet sich, ob die Türkei nach 20 Jahren Einmannregime, Plünderungen des Staates durch die Regierenden und nahen Personen, wieder zur parlamentarischen Demokratie zurückfindet.

Der Angriff seitens des politischen Islams hat zeitig schon eingesetzt. Diffamierungen, Statements, Verhaftungen von Andersdenkenden haben Fahrt aufgenommen. Der stellv. Fraktionsvorsitzender der AKP, Mahir Ünal, sagte: „Leider hat die Republik durch angebliche Reformen, unser Alphabet, die Sprache, unsere Denkweisen, komplett vernichtet. Mit dem heute gesprochenen Türkisch kann man keine Gedanken entwickeln.“

Damit meint er, dass die arabische Schrift und das Kalifat für die Türkei besser wären als alles, was Fortschritt bedeuten könnte. „keine Gedanken entwickeln“ ist gut. Der Herr trauert nicht danach, sondern möchte daran arbeiten, dass sich die Menschen das Denken dem politischen Islam überlassen und sich im Geiste zurückentwickeln, in dem sie sich den Regeln des Islam, dem sie selbst nicht folgen, unterwerfen.

In den Umfragen steht die AKP so schlecht wie noch nie, aber das soll nichts heißen, wenn man damals im Jahr 2002 mit 32% der Stimmen die absolute Mehrheit im Parlament erlangen konnte, kann das auch jetzt funktionieren.

Es wird stark darauf ankommen, auf wen sich die Oppositionsparteien als gemeinsamen Kandidaten einigen werden und wie sie den Wahlkampf führen. Derzeit ist ein starkes ‚an einem Strang ziehen‘ nicht zu beobachten. Dass ein Kandidat nicht jetzt benannt wird, kann man verstehen, denn bis Juni ist noch viel Zeit. Der Benannte wäre wahrscheinlich bis zu den Wahlen zur Zielscheibe der Regierenden und seelisch ein Wrack.

Während schon wegen dem Wahlkampf taktisch hantiert wird, geht es der Wirtschaft bzw. den Finanzen im Besonderen, nicht gut. Die Inflation macht den Menschen das Leben zur Hölle. Gerade hat mein Bruder eine Mieterhöhung von 100% vom Vermieter mitgeteilt bekommen. Um sich dagegen zu stellen, fehlt ihm die Überzeugung, denn alle wissen, dass die eigentliche Inflation nicht wie jetzt vom Statistikamt der AKP kommuniziert 83%, sondern fast 200% beträgt. So kann man das Gefühl nicht abschütteln, dass der Vermieter noch gnädig war. Ach, dabei habe ich vergessen zu erwähnen, dass die Zentralbank der Türkei, die natürlich nicht unabhängig entscheiden kann, Erdogans Wünschen folgend, abermals massiv die Zinsen gesenkt hat. Zur Erinnerung: Bei hoher Inflation müssen die Zinsen eigentlich steigen, aber wenn interessiert es?

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