Zu wenig Punkte: Facharbeiter aus der Türkei verpasst die Achtelfinale

Das Bild von Ernie & Bert musste ich schmerzvoll abmontieren. Angeblich hatte die Rechte die bekannte Nachrichtenagentur die Rechte darüber. Allein die Dokumentationskosten, gemeint Screenshot, kostete 85 EUR. Zuerst so eine brotlose Kunst verrichten und dafür auch noch bezahlen.

Die Bundesregierungen kommen und gehen und immer wieder heißt es: Facharbeitermangel

Wieder hat man sich was ausgedacht, was viel einfacher sein soll als das, was bis jetzt da war. Allein wenn ich höre, dass da ein Punktesystem existiert, dass sich einer mit mehr Qualifikation, wie z.B. Deutschkenntnisse, Deutschlandkenntnisse, Abschlüsse, Diplome etc. eine höhere Punktzahl ergattern kann, denke ich mir… Ach du Schei.e! Schon wieder bürokratische Spielchen, die allen wieder alles erschweren werden.

Ich erzähle Euch mal von einem türkischen Maschinenarbeiter, einem Guru, den ich Live in Aktion erlebt habe. Türkischer Unternehmer kauft eine Produktionslinie bei einem deutschen Hersteller. Er holt sich Angebote für Demontage in Krefeld und Montage in der Türkei ein. Fast trifft ihn der Schlag. Sechshunderttausend Euro und noch was, soll es kosten. Sofort ruft er bei sich im Unternehmen an. „Versucht mal für Mehmet Usta (das zweite Wort heißt Meister), Visum zu holen. Er soll sich mal die Anlage anschauen, ob er was machen kann.“ Nach drei Wochen der Antragstellung und Bemühungen weiß man, dass er vom deutschen Konsulat kein Visum bekommen wird. Wahrscheinlich stellt er neben den Millionen Flüchtlingen in Deutschland, eine ganz besondere Gefahr dar.

Am Ende holt man für ihn ein Schengen-Visa von der polnischen Botschaft und Mehmet Usta reist über Polen nach Deutschland ein.

Er schaut sich die fünfzig Meter lange Produktionsstraße an und sagt: „Olur!“ bedeutet: „Geht in Ordnung!“ Noch für sieben weitere Mitarbeiter holt man Schengen-Visa. Allesamt reisen über Polen ein und fahren mit dem Auto weiter nach Deutschland.

Die Demontage ist nach ca. 3 Wochen erledigt. Gekostet hat es, wenn wir von die Monatslöhne der anwesenden Mitarbeiter ausgehen, ca. 3.000 EUR. Rechnen wir noch Hotel und Spesen, sind wir bei ca. 8.000 EUR.

Jetzt kommen wir zu Mehmet Usta und seinem Team. Ich liste Euch hier auf, welche Berufsabschlüsse er hat: Keine

Ich liste Euch die Sprachen auf, die er spricht: Gebrochen Türkisch

Ohne es zu kennen, nach dem neuen Punktesystem der Bundesregierung hätte er an der nach oben offener Skala die Punktzahl: Null!

Er hat aber sich die Produktionsanlage angeschaut, demontiert und montiert. Die Anlage funktionierte sogar beim ersten Versuch, was selten genug der Fall ist. Noch wichtiger ist, weil das bei mir immer passiert. Keine Schraube blieb übrig oder fehlte.

Mehmet Usta ist der Mann, von denen es Zehntausende gibt in der Türkei. Die deutsche Wirtschaft braucht die händeringend. Wie ich von einigen Arbeitgebern weiß, würden sie die auch sofort nehmen, aber der Haken ist. Sie haben es nicht einmal bis zu dem Achtelfinale geschafft und sind mit null Punkten ausgeschieden.

Im türkischen Gibt es einen Spruch. Das sagt man, wenn einer nicht als schlau genug angesehen wird. „Er muss noch vierzig Bäckereien leer fressen, bis er das kann!“ Auch wenn trocken Brot nicht gerade Intelligenz fördernd ist, sagt man das halt. Der Bundesregierung sage ich nichts. Weiter so! Der Holzweg ist unendlich lang und die deutsche Bürokratie braucht neue Nahrung.

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