Baum tot, Baumhausbewohner in Sicherheit

So sehr auch Demonstrationen vonnöten sind und ich selbst ein Internetaktivist bin, der in alle Richtungen protestiert und kritisiert, so sind die Protestierenden in den Baumhäusern im Fechenheimer Wald in Frankfurt nicht die meinen gewesen.

Ich war zehn Jahre alt, als die leider zu früh (1969) verstorbene Sängerin Alexandra „Mein Freund der Baum ist tot“ sang. Der Text hatte mich schon als kleines Kind betroffen gemacht und begleitete mich, so lange, wie der Titel in den Charts war. Darin heißt es:

„Du fielst heut früh, ich kam zu spät
Du wirst dich nie im Wind mehr wiegen
Du musst gefällt am Wege liegen
Und mancher, der vorüber geht
Der achtet nicht den Rest von Leben
Und reißt an deinen grünen Zweigen
Die sterbend sich zur Erde neigen
Wer wird mir nun die Ruhe geben
Die ich in deinem Schatten fand
Mein bester Freund ist mir verloren
Der mit der Kindheit mich verband
Mein Freund der Baum ist tot
Er fiel im frühen Morgenrot“

So sehr wir alle die Bäume lieben, so lieben wir auch schnelle Autobahnen und Autobahn-Verbindungen. So sehr auch Demonstrationen vonnöten sind und ich selbst ein Internetaktivist bin, der in alle Richtungen protestiert und kritisiert, so sind die Protestierenden in den Baumhäusern im Fechenheimer Wald in Frankfurt nicht die meinen gewesen. Wie üblich in heutiger Zeit, wissen die Protestler nicht, wann Schluss ist. Zum Glück kamen sie nicht auf die Idee, sich an die Baumhäuser zu kleben, aber schlimm war es trotzdem.

Proteste vom Staat finanziert?

Weil einer meiner Auftraggeber eine gebrauchte Produktionslinie aufgekauft hat und ich ihn bei der Verwertung berate, fahre ich täglich in Richtung Frankfurt. Vielmehr stehe ich Richtung Frankfurt im Stau. Die A66 ist lange Zeit gesperrt gewesen, solange man damit beschäftigt war, die Protestierenden im Fechenheimer Wald von dort wegzubringen. Was für ein Aufwand getrieben wurde, wegen einer Handvoll Uneinsichtiger, kann man sich nicht vorstellen. Mehrere Hubschrauber, 1.800 Polizeikräfte und Spezialisten, die von oben, unten und von der Seite versuchten, an die Baumhausbewohner dranzukommen, ohne diese zu gefährden. Unglaublich, wie viel Geld aus dem Staatssäckel die Protestierenden letztendlich verbraten haben, die wir Arbeitenden über unsere Steuergelder finanzieren müssen.

Die angeblichen Umweltschützer mutierten durch ihre Uneinsichtigkeit ins Gegenteil. Die Entscheidung, die Fläche zu räumen und zu roden, war schon längst gefallen. Sie wurden zu Umweltsündern der schlimmsten Sorte. Staus, viele Auffahrunfälle durch die Staus, durch Unfälle gesperrte Autobahnen, Stop-&-Go-Verkehr wegen den Staus und den gesperrten Autobahnen und so weiter. Wie viel mehr an CO2 da ausgestoßen wurde, kann ich nicht beziffern, aber ist auch nicht von Bedeutung. Das alles haben wir den protestierenden Baumbewohnern zu verdanken.

Noch etwas würde mich interessieren. Die Aktionen liefen über rund anderthalb Jahre, und einige Aktivisten hielten dort ständig Wache, während weitere nur eine gewisse Zeit dort blieben (in diesem Beitrag von 2021 ist von einer zweistelligen Bewohnerzahl die Rede, zum Zeitpunkt der Räumung gab es 15 Baumhäuser). Einige Tage oder Wochen. Wovon haben die Menschen in dieser Zeit existiert? Aus ihren Ersparnissen, der Rente, oder gar Arbeitslosengeld, ALG II, Hartz IV oder ähnliches? Wäre interessant zu wissen, ob die Letzteren in dieser Zeit sich bei einem Unternehmen beworben haben, um eine Anstellung zu bekommen, weil ja sonst die Hilfen gestrichen werden würden. Die Frage stelle ich mir aus folgendem Grund: Wenn dem so wäre, dass die Protestierenden zu der Zeit der Proteste über Monate auf Staatskosten lebten, hätte im Umkehrschluss der Staat die Proteste finanziert.

Original, erschienen in achgut.com

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