Auch im Alphabet kommt T(ürkei) vor der U(kraine)

Türkische Lira wird weiter gedruckt, aber Devisen sind keine mehr da.

Besser Ihr erfahrt es von mir, was da auf die EU und Deutschland zukommt. Ich werde es Euch in Häppchen erklären. Wenn Ihr glaubt, die Stichwahl am 28. Mai zur Präsidentschaft in der Türkei, ginge nur die Türkei was an, irrt Ihr Euch gewaltig, denn es geht uns alle in Europa, besonders Deutschland an.

Der kranke Mann am Bosporus, wie die Türkei schon zu Zeiten der Osmanen genannt wurde, ist dabei ein Pflegefall für Europa und Deutschland zu werden. Die Wirtschaftszahlen verheißen nichts Gutes, um nicht zu sagen, Katastrophales. Den Zustand von damals, als Griechenland pleiteging, hat die Türkei schon vor einiger Zeit erreicht. Da die Importe des Landes die Exportumsätze auffressen, kommen keine Devisen mehr ins Land, und das, wo doch so hohe Auslandschulden bedient werden müssen. Die Zentralbank hat nach 21 Jahren erstmals einen Negativstand erreicht. Die Kassen sind restlos leer.

Faktisch ist die Türkei schon lange zahlungsunfähig, aber Dank der Gläubigerländer bzw. der Banken der jeweiligen Länder, die die Darlehen immer wieder prolongieren, kam es bis heute nicht zur Pleite bzw. ist dieses noch nicht kommuniziert worden.

Warum tun die Gläubigerbanken das? Lieben sie die Türkei so sehr? Nein, sie wissen, wenn sie Druck auf die Türkei ausüben und auf die Rückzahlung der längst fälligen Darlehen bestehen, wird die Türkei Konkurs anmelden müssen.

Das hätte zur Folge, dass z.B. Banken in Spanien und Italien, die größten Gläubigerländer- und Banken, ihrerseits bankrottgehen, oder aber zumindest in große Schwierigkeiten kommen würden. Also halten sie die Füße still und kassieren jedes Jahr an die 40 Milliarden EUR an Zinsen. Selbst dieses ist für die Türkei schon lange nicht mehr möglich.

Es erfordert immer wieder einen Kraftakt, die Gelder hier und da zu organisieren. Katar, China, Saudi-Arabien… wenn sie einige Milliarden rüberschieben, dann nur, wenn sie dafür ein Stück Türkei bekommen. Damit kann man aber die Wirtschaft nicht mehr drehen. Wohin das ewige Gelddrucken führt, sieht man an der Inflation. Beschönigt bei ca. 50% und real bei 200%, wird die türkische Währung von Tag zu Tag immer wertloser.

Die Geschäfte und Industrieunternehmen sind seit Monaten, weil man auf die Wahlen zusteuerte, in Wartehaltung. Die Banken geben den Unternehmen keine Devisen mehr, wer als Privatmann zur Bank geht, bekommt weder Kredite noch Devisen, denn es ist nichts mehr da. Die Zentralbank muss schauen, wo sie Devisen herbekommt.

Wer sollte gewinnen?

Für die EU und Deutschland ist ziemlich egal, wer gewinnt. Erdogan ist Europas Liebling, wenn man schaut, wie viele seiner Organisationen hier in Deutschland geduldet und mit Geld unterstützt werden. Die Furcht vor weiteren Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan u.a. haben die EU, und Deutschland vor allem, in Abhängigkeit von Erdogan geführt. Die Regierungen in Europa kann Erdogan jederzeit mit den Flüchtlingen erpressen, so wie er das schon immer tat. Dennoch, Europa ist bereit dafür zu bezahlen. Ist es also besser, wenn Erdogan gewinnt?

Das kann man so und so sehen. Auf der einen Seite ist Verlass auf Erdogan. Europa weiß, dass man bei ihm mit Geld klarkommen kann. Da ist aber ein Haken, oder sollten wir sagen, ein Rattenschwanz, was einem Sieg von Erdogan folgen würde?

Wenn Erdogan weitermacht, wird er die Wirtschaft nicht zu retten versuchen, weil das niemand kann. Bei Erdogan besteht auch nicht die Absicht, etwas zu tun, denn wenn er was tun wollte, bräuchte er an die 400 Milliarden Euro.

Nur einem Diktator und Alleinherrscher gibt der IWF diesen Betrag nicht.

Zum anderen ist der IWF, die „Rote Linie“ Erdogans, die er immer aufgegriffen und gegenüber seinen Wählern zum Feind erklärt hat. „Wir wollen kein Geld vom IWF, wir leihen dem IWF Geld.“ Das ist O-Ton Erdogan.

Nun gut, eigentlich kommt lediglich der IWF als Geldgeber in Frage, zumal in dieser Größenordnung, wie auch in Argentinien der Fall, geht es nur mit dem IWF.

Dieser hat das nötige Monitoring, um die Rückflüsse der Gelder zu kontrollieren. Also bliebe Erdogan nur die zweite Alternative. Bankrott gehen und sich die Gelder von Europa, nicht als Darlehen, sondern als Hilfen holen.

Natürlich wird das der EU und Deutschland auf den ersten Blick nicht schmecken, allerdings hat es aber besonders Deutschland ja mit der Pflege und den Hilfspaketen. Wenn die viel entferntere Ukraine, in ihrem hoffnungslosen Kampf gegen Russland, Europa beschützt, dann ist die Türkei ein Bollwerk, das verhindert, dass Multimillionen von weiteren Flüchtlingen weiter den Weg nach Europa finden.

Während alle Parteien in der Türkei damit Wahlkampf geführt haben, die Flüchtlinge, allesamt, in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken, hat erst gestern (22.05.23) der türkische Außenminister gesagt, dass man die meisten in der Türkei bräuchte, weil die Wirtschaft sonst zusammenbrechen würde. Die Flüchtlinge werden weiterhin als Waffe und Instrument von Erdogan gegen Europa ein Faustpfand bilden. Die Gelder kann man schon mal bereitstellen in Deutschland und Europa. Deutschland steht massiv unter Druck, zumal die Deutschtürken, mehrheitlich für Erdogan sind und ihrerseits meutern würden, wenn Deutschland nicht hilft.

Was passiert, wenn der Gegenkandidat gewinnt?

Er hätte auch nur den IWF als Geldquelle. Vor einigen Wochen sagte er, dass er zuerst zur parlamentarischen Demokratie zurückkehren, einen Fünfjahresplan vorlegen und dann die Gelder aus dem Ausland besorgen wird. Dieser Plan ist nun gescheitert. Auch wenn man in der ersten Wahlrunde, was die Präsidentenwahl anging, eine Pattsituation erreichte, so hat die Opposition die Mehrheit im Parlament nicht bekommen. Die AKP, die Partei Erdogans, hat die absolute Mehrheit im Parlament, aber um die Verfassung dahingehend zu ändern, dass wieder parlamentarische Demokratie ist in der Türkei, dafür braucht man ¾ der Stimmen im Parlament. Ein Ding der Unmöglichkeit, bei diesen Mehrheitsverhältnissen.

Eine Möglichkeit gäbe es dennoch, zur parlamentarischen Demokratie.

Die einzige Möglichkeit, unter diesen Mehrheitsverhältnissen zur parlamentarischen Demokratie wäre, die Niederlage Erdogans am 28. 05. 23. Diese Variante ist theoretisch denkbar, aber ob auch gewollt, werden wir sehen. Sollte der Oppositionskandidat Kemal Kilicdaroglu gewinnen, so muss Erdogan nicht der Verlierer sein, denn er hat ja die Mehrheit im Parlament. Eine Mehrheit, die eigentlich zu nichts Nütze ist, weil einer allein, nämlich der Präsident nur das Sagen hat. Das könnte ein nützliches Instrument für Kilicdaroglu werden.

Die AKP wird dann ihrerseits die Verfassung ändern wollen, damit man zur parlamentarischen Demokratie zurückfindet. Nachdem das geschehen ist, hat der Präsident, wie in Deutschland auch, nur eine repräsentierende Funktion. Alle Macht hätten dann das Parlament und der Ministerpräsident. Wer würde dann der Ministerpräsident sein? Exactamente, der Erdogan, wenn denn sein Gesundheitszustand das zulässt. Ein Mann der Muslimbrüderschaft wäre aber auf jedem Fall der Ministerpräsident. So, dann könnte man das Rad wieder zurückdrehen. Eine abermalige Änderung der Verfassung und wieder hin zum Einmannregime, wer dies denn auch immer sein mag.

Die Türkei ist verloren, so oder so.

Ihr seht, aus den Fängen des politischen Islam wird die Türkei nicht mehr loskommen und wie man unter diesen Umständen die Wirtschaft aufrichten kann…?

Eine Lösung ist nicht in Sicht und derzeit auch schwer erdenkbar. Zum Glück gibt es da noch Deutschland, Europa und die Flüchtlinge in der Türkei. Da lässt sich was machen.

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