Der Ramadan: Die Sonne geht später unter als gedacht

Für die islamische Welt hat der Ramadan-Monat dieses Jahr am 15. Mai angefangen und endet zum 14. Juni. Einen ganzen Monat lang heißt es dann von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zu fasten. Wer fastet stellt bei knurrendem Magen fest, dass die Sonne eigentlich früher auf und später unter geht, als man angenommen hat. Für jeden Standort gelten dabei unterschiedliche Zeiten. In Istanbul wird z.B. am 1. Tag des Ramadans vom 3:52 Uhr bis 20:22 Uhr gefastet.

Gesund ist das Ganze nicht. Besonders bei der Hitze in der Türkei, wo die Ärzte zu fast 3 Liter Wasser am Tag raten, nichts zu trinken, kann unmöglich gesund sein. Auch wird beim Fastenbrechen zumeist recht üppig und schnell gegessen.

In gehobenen Schichten, bei den Menschen, die sonst nichts mit der Religion am Hut haben, wird auch gefastet. Zum einen hat es eine gewisse Alibifunktion, dass man religiös erscheint und zum anderen, nimmt man ab. Natürlich nur dann, wenn man beim Fastenbrechen sich beherrscht und nicht den ganzen Tisch leer isst.

Andere Nebeneffekte löst der Ramadan beim Einzelhandel aus. Da man sich mit Leckereien zum Fastenbrechen eindeckt, werden so ziemlich alle Nahrungsmittel teurer. Religion heiligt die Mittel. So können sich die Ärmsten der Armen noch weniger leisten, aber auf der anderen Seite sind sie ja sowieso am Dauerfasten.

Die Pool-Position der unangenehmen Gerüche im öffentlichen Leben der Türkei übernimmt der Mundgeruch. Wie sollte es auch anders sein, wenn die Magensäuren verrücktspielen, die Zähne nicht geputzt werden können, aus Angst, man könnte Wasser runterschlucken. Der Schweißgeruch muss sich halt einen Monat lang mit dem zweiten Platz begnügen.

Im Arbeitsleben schalten die Menschen auf „Halbe Kraft voraus“, eigentlich auf eine Viertelkraft, denn die Halbekraft ist in wärmeren Gefilden wie die Türkei schon die volle Kraft. Die Leistung und die Konzentration lassen nach, die Menschen laufen auf Impulsenergie. Die Arbeitsunfälle schnellen in die Höhe.

Die Restaurants mit Alkoholausschank stellen den Verkauf zumeist ein. Geld wird in der Gastronomie nur noch verdient, wenn man Fastenbrechmenüs anbietet.

Der Ramadan-Monat wird auch „Der gesegnete Monat“ genannt. Dabei fangen für das produzierende Gewerbe und der Exportbetriebe die eigentlich gesegneten elf Monate nach dem Ramadan an. Endlich können sie wieder Gas geben. Der Ramadan wird, zeitlich hervorragend gelegen, der AKP gut bekommen, denn den ganzen Tag, besonders am Abend laufen im TV die religiösen Sendungen, wo man den Menschen so ziemlich alles Mögliche als Religion verkaufen kann. Dann noch das öffentliche Fastenbrechen mit Tausenden von Menschen. Eigentlich verboten, zumal Ausnahmezustand.

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